Born 9.6.1923 in Hamburg Died 25.8.1941 in Mauthausen
Biography
Familie Cohn lebte schon vor 1933 in der Isestraße. Max Cohn (1891–1941) hatte nach dem Besuch der Oberrealschule vor dem Holstentor eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Mit seiner ersten Frau, Selma, geb. Sonn, hatte er eine Tochter, Erika Lotte, geboren 1922, und einen Sohn, Erwin Julius, geboren 1923. Seine Frau starb im Februar 1927, und gut ein Jahr später heiratete er Gretchen Magnus. Die zweite Ehe blieb kinderlos.
Im Februar 1938 schickten die Eltern den Sohn Erwin nach Amsterdam. Seine Cousine berichtet im Jahr 2010: „Erwin kam zu seiner Tante, der Schwester seines Vaters, nach Amsterdam. Minna Spijer, geb. Cohn, wohnte schon vor dem Ersten Weltkrieg dort, war mit einem Holländer verheiratet und hatte einen Sohn, etwa ein Jahr älter als Erwin. Dieser Vetter, der jetzt in Australien lebt, hat uns in diesem Jahr besucht und uns etwas über seinen Cousin erzählt. Er war wohl ein neugieriger, ungestümer und vielleicht auch eigenwilliger Junge, der die Warnungen der Tante und des älteren Vetters, nach dem Einmarsch der Deutschen in Holland nicht mehr allein und ungeschützt aus dem Haus zu gehen, nicht ernst nahm und die Verbote nicht befolgte. So kam es, dass er 1941 bei einem solchen unerlaubten ‚Ausgang‘ einfach auf offener Straße gefasst und deportiert wurde. ‚Auf der Flucht erschossen‘, wurde den Verwandten aus dem KZ Mauthausen mitgeteilt. Er war 18 Jahre alt.“ Es ist denkbar, dass er der großen Razzia im Februar 1941 zum Opfer fiel und unter den mehr als 400 meist jungen Männern war, die über Westerbork und Buchenwald nach Mauthausen deportiert wurden.
Im August 1938 hatte Max Cohn auf Grund einer „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ des Oberfinanzpräsidenten die Genehmigung für eine Reise nach Holland erhalten. Er hatte seinen Antrag damit begründet, dass er beabsichtigte, die weitere Auswanderung seines Sohnes zu verhindern. Vermutlich wollte er einfach die Familie besuchen und sehen, wie es seinem Sohn ging. Ob er tatsächlich reiste, ist unbekannt. Jedenfalls kehrte Erwin nicht nach Deutschland zurück, sondern lebte noch drei Jahre in Amsterdam. Sein Todesdatum ist der 25. August 1941. Wir wissen nicht, ob Erwins Eltern noch vor ihrer Deportation von seinem Schicksal erfuhren.
Am 25. Oktober 1941 wurden Max und Gretchen Cohn nach Łódź deportiert.
Ihre Wohnungseinrichtung und der gesamte persönliche Besitz in der Isestraße 85 wurden von der Gestapo beschlagnahmt und versteigert, der Erlös an die Oberfinanzdirektion überwiesen.
In Łódź wurden Max und Gretchen Cohn in der Kühlen Gasse 14/38 einquartiert. Alfred Cohn erhielt noch bis 1942 Nachrichten von seinem Bruder und seiner Schwägerin und konnte ihnen Geld schicken. Danach verliert sich ihre Spur. Wahrscheinlich wurden Max und Gretchen Cohn im Mai 1942 in Chełmno ermordet.
Christa Fladhammer
Christa Fladhammer ist eine der Forscherinnen und Forscher des Projekts „Stolpersteine in Hamburg“ (http://www.stolpersteine-hamburg.de/), das von der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg (Rita Bake) und dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Beate Meyer) initiiert wurde. Sie ist Mitherausgeberin des Bandes Stolpersteine in der Hamburger Isestraße.
Dieser Text ist die gekürzte Version eines von Christa Fladhammer für das Projekt „Hamburger Stolpersteine“ (http://www.stolpersteine-hamburg.de/) verfassten Textes. Für die vollständige Version siehe http://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?&MAIN_ID=7&&BIO_ID=1512.
The Cohn family already lived in the Isestraße before 1933. Max Cohn (1891–1941) had attended the higher vocational school by the Holstentor gate and then studied business. With his first wife, Selma, née Sonn, he had a daughter, Erika Lotte, born in 1922, and a son, Erwin Julius, born in 1923. His wife died in February 1927, and a good year later he married Gretchen Magnus. The second marriage remained childless.
In February 1938 the parents sent their son Erwin to Amsterdam. His cousin reported in 2010: ‘Erwin was sent to his aunt, the sister of his father, to Amsterdam. Minna Spijer, née Cohn, was already living there before the First World War, was married to a Dutchman and had a son, about one year older than Erwin. This cousin, who now lives in Australia, visited us this year and told us a bit about his cousin. It seems he was a curious, boisterous and perhaps headstrong boy, who did not take the warnings of his aunt and older cousin seriously not to leave the house alone and unprotected any more after the arrival of the Germans in Holland, and who didn’t obey the prohibitions. So it was that in 1941, during one of these unauthorised “outings” he was simply seized on the street and deported. “Shot while attempting to escape”, his relatives were notified from Mauthausen concentration camp. He was 18 years old.’ It is conceivable that he was a victim of the large-scale round-up in February 1941 and was among the 400 predominantly young men who were deported to Mauthausen and Buchenwald via Westerbork.
In August 1938, Max Cohn, having been issued an ‘Unbedenklichkeitsbescheinigung’ (literally: ‘certificate of harmlessness’) by the Senior Finance President, received permission for a journey to Holland. On his application he had given the reason for his visit his intention to prevent the prolonged emigration of his son. Probably he just wanted to visit the family and see how his son was doing. Whether he actually undertook the journey is unknown. In any case, Erwin did not return to Germany, but lived another three years in Amsterdam. His date of death is 25 August 1941. We do not know whether Erwin’s parents learned of his fate before their deportation.
On 25 October 1941, Max and Gretchen Cohn were deported to Łódź.
The furnishings in their apartment and all their personal property at 85 Isestraße were confiscated by the Gestapo and auctioned off, with the proceeds going to the Regional Finance Office.
In Łódź, Max and Gretchen Cohn were quartered at Kühlen Gasse 14/38. Until 1942 Alfred Cohn continued to receive news of his brother and his sister-in-law and was able to send them money. After this trace of them vanishes. It is likely that Max and Gretchen Cohn were murdered in May 1942 in Chełmno.
Christa Fladhammer
Translation into English: Joanna White
This text is an abridged version of Christa Fladhammer’s text for the Hamburger Stolpersteine project (http://www.stolpersteine-hamburg.de/). For the full version see: http://www.stolpersteine-hamburg.de/en.php?&LANGUAGE=EN&MAIN_ID=7&BIO_ID=1512.