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Julius Günser 1910 - 1945 Bearbeiten

Geboren 6.12.1910 in Wien
Gestorben 19.2.1945

Biografie

Julius Günser wurde am 6. Dezember 1910 in Wien geboren, er maturierte 1931 ebenda und studierte danach an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. In seinem Inskriptionsschein gab er 1931 als Staatsbürgerschaft „Österreich“, als Muttersprache und Volkszugehörigkeit „Deutsch“ sowie als Religionszugehörigkeit „mosaisch“ an.[1]

Im April 1934 verurteilte ihn die austrofaschistische Justiz wegen illegaler kommunistischer Aktivitäten (u.a. wegen eines Sprengstoffattentats auf eine Polizeiwachstube und des Besitzes verbotener Flugblätter) zu drei Monaten Arrest.[2] Daran anschließend war er für sechs Monate in Wöllersdorf inhaftiert.[3] Gleichzeitig beschloss die Universität Wien, ihn von der Verleihung akademischer Grade auszuschließen, da sein Verhalten laut der neuen Hochschul-Disziplinarordnung eines Akademikers unwürdig war.[4]

Im Jänner 1935 entließ ihn die Bundespolizeidirektion aus dem Anhaltelager, verhaftete ihn aber wenig später erneut. Günser konnte aus der Haft fliehen und verließ Österreich im Dezember 1935. Er ging zuerst nach Brünn und später in die Sowjetunion, wo er 1937 in Moskau an der Lenin-Schule unterrichtete. Von dort reiste er nach Spanien, um an der Seite der Spanischen Republik gegen die Truppen Francisco Francos zu kämpfen. Günser war damit neben Alfred Rettenbacher, Harry Spiegel, Leopold Spira, Egon Steiner und Walter Wachs einer von mindestens sechs ehemaligen Studierenden der Universität Wien, die wegen illegaler politischer Betätigung von ihrer Hochschule sanktioniert wurden und als Interbrigadisten in Spanien im Einsatz waren.[5] Günser trug im Exil u.a. den Decknamen „Martin Flohr“ und wurde gemeinsam mit einigen Kameraden vor dem Zusammenbruch der katalanischen Front von der Kommunistischen Partei nach Paris gebracht. Ab 1939 war er im französischen und belgischen Widerstand aktiv.[6]

Im September 1942 wurden seine Eltern, Cäcilie und Jakob Günser aus Wien nach Theresienstadt deportiert, sie überlebten die Haft nicht.[7] Vermutlich 1943 kehrte ihr Sohn Julius Günser unter dem Namen „Gustav Meyer“, getarnt als französischer Zivilarbeiter, nach Wien zurück, wo ihn die Gestapo im August 1943 wegen kommunistischen Widerstands gegen das NS-Regime festnahm. Den Gestapo-Verhören hielt er nicht stand und belastete durch seine Aussagen Mitkämpfer. Im Jänner 1945 überstellte ihn die Gestapo Wien ins KZ Mauthausen, wo er die Häftlingsnummer 122.238 erhielt. Knapp drei Monate vor der Befreiung des Lagers wurde Julius Günser am 19. Februar 1945 nach kurzer Haft im KZ Mauthausen ermordet. Als Todesursache wurde im sogenannten Zugangsbuch des KZ Mauthausen „Exekution“ angegeben.[8]

 

Linda Erker
 
Linda Erker, Zeithistorikerin, lebt und arbeitet in Wien.


[1] Vgl. Archiv der Universität Wien (UAW), Nationale von Julius Günser 1931. Zusätzlich liegt von Julius Günser eine Geburtsmatrike im Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) auf.

[2] Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Bundeskanzleramt Inneres, GZl. 368.388-St.B./35, Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 30.10.1935; vgl. UAW, Akademischer Senat (AS), Sonderreihe (S) 185 689, Schreiben an den Rektor der Universität Wien vom 5. Juli 1935.

[3] UAW, AS, S 185 689, Auskunftsblatt des Dekanats der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät vom 15. März 1935.

[4] Vgl. UAW, AS, S 185 689, Schreiben des Rektors der Universität Wien vom 7. Juli 1934.

[5] Vgl. Linda Erker: Relegierte Interbrigadistas. Österreichische Freiwillige mit Disziplinarverfahren an der Universität Wien im Austrofaschismus, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes/Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik 1936–1939/Freunde des demokratischen Spanien (Hg.): 80 Jahre Internationale Brigaden. Neue Forschungen über österreichische Freiwillige im Spanischen Bürgerkrieg (Wien 2016), S. 25–41.

[7] Vgl. DÖW, Datenbank der Shoah-Opfer.

[8] Vgl. Datenbankeintrag der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zu Julius Günser sowie vgl. Wolfgang Neugebauer: Der österreichische Widerstand 1938–1945 (Wien 2008), S. 75.

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