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Karl Munzert 1902 - 1939 Bearbeiten

Geboren 8.3.1902 in Bochum
Gestorben 5.12.1939 in Mauthausen

Biografie

Carl Ludwig Munzert wurde am 8. März 1902 in Weitmar, einem Stadtteil von Bochum, geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Lollar bei Gießen. Er erlernte den Beruf des Steinbildhauers. Am 1. Mai heiratete er die im Nachbarort Wißmar geborene Anna Kraft und die junge Familie zog in das Elternhaus von Anna.

Steinbildhauer war in der Umgebung von Gießen kein gefragter Beruf, sodass sich Karl Arbeit außerhalb suchte. 1927 arbeitete er in Treysa für einen Wochenlohn von 12 Mark, bei „freier Station“. Frau und Kind waren im heimischen Wißmar auf Fürsorgeunterstützung angewiesen und es kam zu Ermittlungen gegen Karl Munzert, um ihn auf Unterhalt zu verpflichten. In den Akten tauchte bereits 1927 das fatale Stichwort „arbeitsscheu“ auf, das Karl später zum Verhängnis werden sollte.

Er verpflichtete sich zum Unterhalt von Frau und Kind beizutragen, wurde jedoch um seinen Lohn geprellt. Daraufhin beendete Munzert seine Tätigkeit in Treysa und kehrte zur Familie nach Wißmar zurück.

Auch in der Folge gelang es Karl nicht, in der Heimat beruflich Fuß zu fassen, er war in wechselnden Engagements außerhalb tätig und die 1934 auf vier Personen angewachsene Familie lebte ärmlich. 1937 fordert der „Bayrische Landesverband für Wanderdienst“ bei der Gemeinde Wißmar einen ausführlichen Bericht über Munzert an, der sich seit zehn Jahren auf Wanderschaft befinde und seiner Unterhaltspflicht nicht nachkomme. NS-Bürgermeister Krauss schrieb unter anderem: „Es bleibt mir unverständlich, daß man dem vagabundierenden Leben des Munzert durch drakonische Maßnahmen nicht schon längst ein Ende gemacht hat.“

Am 23. Dezember 1937 ordnete der Regierungspräsident Wiesbaden die Unterbringung von Karl Munzert in einer „öffentlichen Arbeitsanstalt“ an und begann, nach ihm zu suchen. Anfang Juni 1938 wurde er dann in Waldgirmes, unweit Wißmar, von seiner Arbeitsstelle weg verhaftet; über sein weiteres Schicksal wurde der Familie bis zur Nachricht von seinem Tod nichts mitgeteilt.

Die nächste Spur in den Akten ist seine Einlieferung als AZR Häftling in das KZ Dachau am 1. November 1939, wo er die Häftlingsnummer 31985 bekam. Von dort wurde er am 9. Mai 1939 nach Mauthausen deportiert, wo er die Häftlingsnummer 1447 erhielt.

Am 5. Dezember 1939 kam Karl Munzert im KZ Mauthausen ums Leben. Im Totenbuch des KZ ist als Todeszeit 11:30 Uhr und als Todesursache „Chron Magen- u Darm Katarrh, H.u.K.L.Sch.“ eingetragen. In der Woche von Munzerts Tod weist das Totenbuch 39 Namen aus. Der jüngste ist 25, der Älteste 66, das Durchschnittsalter liegt unter 41 Jahren. Bei 28 Opfern ist Herz- und Kreislaufschwäche als Todesursache eingetragen. Bei den beiden 25-jährigen aus Würzburg ist „Tod d. Erhängen“ eingetragen, was bedeutete, dass sie von SS-Wärtern umgebracht wurden. Im Sterbebuch des Standesamtes Mauthausen ist Wißmar als Wohnort eingetragen, als Todesursache Herz- und Kreislaufschwäche. Karl Munzert wurde nur 37 Jahre alt.

Anna Munzert musste sich nun mit ihren Kindern alleine durchschlagen und war auch auf die Hilfe ihrer Verwandten angewiesen. Was sie vom Nazistaat zu erwarten hatte, geht aus einer Episode mit Ortsgruppenleiter Henrich hervor. Als sie 1944 eine Bescheinigung für ihren Sohn Richard haben wollte, der zu der Zeit als Soldat in Russland war, habe dieser gesagt: „Sie können keine Bescheinigung bekommen.“ Auf die Nachfrage warum, habe er gesagt: „Für diese Menschen, wo der Ehemann oder Vater im KZ gestorben ist, hat der nationalsozialistische Staat kein Interesse. Sind Sie froh, daß Sie noch hier sind, wo Sie morgen mit Ihren Kindern sind, wissen wir heute noch nicht.“

Nach der Befreiung vom NS-Regime verweigerte man ihr die Zahlung einer Witwenrente. Als sie 1958 einen Antrag auf Wiedergutmachung stellte, bot man ihr im Mai 1960 eine Einmalzahlung von 900 DM Entschädigung an.

Ihr Anwalt, der spätere Landrat und Hessische Minister Dr. Helmut Best, ließ nicht locker. Im August 1960 bekam sie eine kleine Rente zugesprochen und für die mehr als 20 Jahre, die sie ohne jede Unterstützung ihre Kinder durchbringen musste, sogar noch eine „Kapitalabfindung“.

Dieter Bender

 

Dieter Bender war Initiator der Aktion „Stolpersteine in Wettenberg“ und arbeitet gegenwärtig an einer Veröffentlichung zu Widerstand und Verfolgung im Faschismus in den drei Gemeinden Wettenbergs.

 

Quellen: Gemeindearchiv Wettenberg, Hessisches Staatsarchiv Marburg, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Archiv des ITS, Sammlungen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.

 

 

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