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Jan Florián 1897 - 1942 Bearbeiten

Geboren 24.11.1897 in Brno
Gestorben 7.5.1942 in Mauthausen

Biografie

Jan Florian besuchte das I. Tschechische Staatliche Gymnasium in Brno. Nach dem Abitur wurde er zur österreichisch-ungarischen Armee einberufen und kämpfte während des Ersten Weltkriegs an der italienischen Front. Nach der Rückkehr in die Heimat begann er, an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Masaryk-Universität in Brno Chemie zu studieren. Bereits nach einem Jahr wechselte er jedoch an die Medizinische Fakultät der Masaryk-Universität. Bald machte er durch sein Talent auf sich aufmerksam und wurde Assistent von Professor František Karel Studnička (1870–1955) am Histologischen Institut. Gleichzeitig war er an der Hautklinik bei Professor Antonín Trýb (1884–1960) tätig. Nach der erfolgreichen Promotion am 16. Dezember 1925 blieb er an der Fakultät, und bereits nach zwei Jahren habilitierte er sich. In den Jahren 1930 bis 1933 war Jan Florian am Embryologischen Institut von Professor J. P. Hill am Londoner University College tätig. Er veröffentlichte hier einige wissenschaftliche Studien und wurde mit der Zeit zu einer international anerkannten Autorität auf den Gebieten der Histologie und Embryologie.

Nach seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei wurde Jan Florian am 28. Februar 1933 zum außerordentlichen Professor an der Medizinischen Fakultät der Komenský-Universität in Bratislava ernannt, wo er bei der Entstehung eines eigenständigen Instituts für Histologie und Embryologie mitwirkte. Drei Jahre später folgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor an der Medizinischen Fakultät der Masaryk-Universität. Bereits damals gehörte er zu den führenden und weltweit anerkannten Persönlichkeiten auf seinem Wissenschaftsgebiet. Am 1. Jänner 1937 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt, womit seine wissenschaftliche Karriere den Höhepunkt erreichte. Insgesamt veröffentlichte er 33 genuine wissenschaftliche Arbeiten, einschließlich der Monografie Od prvoka k člověku (Vom Urtierchen zum Menschen, 1939).

Jan Florian heiratete am 27. Februar 1926 Helena, geborene Ondrová. Am 21. Juni 1928 wurde die einzige Tochter des Ehepaars, Helena, geboren.

Nach der Münchner Konferenz Ende September 1938 und nach der Abtretung des tschechoslowakischen Grenzgebiets an NS-Deutschland begann sich Professor Florian regelmäßig mit einer Gruppe von Pädagogen der Masaryk-Universität zu treffen. Während dieser Treffen wurde über politische Ereignisse diskutiert; es ging eigentlich um eine Oppositionsbewegung gegen die damalige Politik der Zweiten Tschechoslowakischen Republik. Die Teilnehmer der Treffen reihten sich nach der Besetzung der böhmischen Länder am 15. März 1939 in Widerstandsaktivitäten ein. Professor Florian arbeitete mit der Widerstandsorganisation Obrana národa (Verteidigung der Nation) zusammen und besorgte finanzielle Mittel für den Widerstand. Gleichzeitig war er jedoch stets wissenschaftlich tätig. Für das akademische Jahr 1939/1940 wurde er zum Dekan der Medizinischen Fakultät der Masaryk-Universität gewählt. Nach der Schließung der tschechischen Hochschulen durch die Nationalsozialisten am 17. November 1939 erhob er offiziell Protest gegen diesen Schritt.

Die bedeutendste Phase der Einreihung Florians in den antinazistischen Widerstand ist danach mit der Moravská pětka (Mährische Fünf) verbunden. Es handelte sich um einen Koordinationsausschuss des mährischen Widerstandes, der im Verlauf des März 1941 entstand. Professor Florian beteiligte sich vor allem an der Nachrichtentätigkeit und besuchte oft Prag, wo er durch Angehörige des Widerstandes in Mähren gewonnene Erkenntnisse weitergab. Außerdem stellte er gemeinsam mit Professor Vladimír Groh (1895–1941) ein Mittel her, das zur Schädigung von Radlagern bei Eisenbahnwaggons führte.

Nach Kriegsbeginn zwischen Deutschland und der Sowjetunion am 22. Juni 1941 begann Florian, eine illegale Organisation aufzubauen, die Hochschulpädagogen und andere Angehörige der Intelligenz verband. Es gelang ihm, mit einer Reihe von Hochschullehrern der Masaryk-Universität, der Technischen Hochschule, der Veterinärmedizinischen Hochschule und der Landwirtschaftlichen Hochschule in Brno Kontakt aufzunehmen und sie in die Tätigkeit einzuschalten. Außerdem betraf das auch viele Pädagogen, die an Ober- oder Volksschulen tätig waren, und manche Ärzte. In der Literatur bekam diese Gruppe die Bezeichnung „Illegale Hochschullehrergruppe“ oder auch „Gruppe Trumpeš-Florian“.

Nach dem Antritt Reinhard Heydrichs in Funktion des stellvertretenden Reichsprotektors am 27. September 1941 begann eine umfangreiche Verhaftungswelle, und Professor Florian fiel am 1. Oktober desselben Jahres in die Hände der Gestapo. Zunächst wurde er im Brünner Lager Pod kaštany (Unter den Kastanien) gefangen gehalten. Nach der Ablehnung einer angebotenen Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern begannen ihn die Ermittler physisch zu quälen. Anschließend wurde er ins Polizeigefängnis der Gestapo im Kaunitz-Studentenwohnheim überführt, und am 13. Jänner 1942 verurteilte ihn das Brünner Standgericht zusammen mit einer Reihe anderer bedeutender Pädagogen der Masaryk-Universität zum Tode. Danach wurde Florian am 21. Jänner nach Mauthausen abtransportiert und hier als zum Tode Verurteilter in einen Sonderbunker gepfercht.

Am 7. Mai 1942 endete das Leben von Jan Florian in Mauthausen, zusammen mit weiteren 71 Vertretern des mährischen Widerstandes. Unter ihnen befanden sich drei weitere Professoren der Masaryk-Universität, und zwar Karel Hora, František Koláček und Antonín Šimek. Heute trägt eine Straße im Brünner Stadtteil Královo Pole den Namen Jan Florians.

Vladimír Černý

Vladimír Černý, geb. 1975 in Svitavy, studierte Geschichte und Politologie an der Masaryk-Universität in Brno. Gegenwärtig unterrichtet er extern am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und europäische Studien an der Fakultät für soziale Studien und am Institut für Geschichte der Philosophischen Fakultät der Masaryk-Universität.

 

Quellen:

Archiv der Masaryk-Universität Brno, Fond A1 Rektorat der Masaryk-Universität, Karton 40/898, Personalakte von Jan Florian.

Literatur:

Svatopluk Čech: Sedmdesát let od popravy profesora Jana Floriana [70. Jahrestag der Hinrichtung Professor Jan Florians]. In: Universitas. Revue Masarykovy univerzity v Brně, Nr. 2 (2012), S. 61–63.

Helena Pinterová/Zdeněk Štěpánek: Univerzitní profesor MUDr. Jan Florian (1897–1942) [Professor Dr. med. Jan Florian (1897–1942)]. In: Vlastivědný věstník moravský, 51. Jahrgang (1999), Nr. 3, S. 260–267.

 

Aus dem Tschechischen von Jana Starek

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