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Konrad Seibold 1886 - 1945 Bearbeiten

Geboren 4.10.1886 in Meßstetten
Gestorben 14.4.1945 in Linz

Biografie

Konrad Seibold war das älteste von vier Kindern des Schuhmachers Johannes Seibold. Die Familie lebte in Mönstetten, Bezirksamt Günzburg (Bayern). Vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Vater in Söflingen (heute ein Stadteil von Ulm) ein Haus erworben, in dem er eine Schuhmacherwerkstatt einrichten ließ. Konrad trat nach seiner Schulausbildung nicht in das väterliche Geschäft ein, sondern war von Beruf Maschinenformer. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem Konrad als Soldat teilgenommen hatte, heiratete er Theresia Eger. Ihr einziges Kind, Konrad (genannt Konni), wurde im Jahr 1922 geboren. Familie Seibold war ursprünglich katholisch geprägt, der jüngste Bruder Johann Seibold (geb. 1903), hatte sich Mitte der 1930er-Jahre jedoch den Zeugen Jehovas (damals auch als Ernste Bibelforscher bekannt) angeschlossen. Die Geschwister Konrad, Josef (geb. 1891) und Barbara (geb. 1897) sympathisierten ebenfalls mit den Lehren der Zeugen Jehovas und traten aus der katholischen Kirche aus.

Johann traf als Ersten die Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Nach einer kurzzeitigen Haft 1937 wegen Betätigung für die „Bibelforscher-Vereinigung“ erhielt er im Oktober 1940 einen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht. Aufgrund seiner religiösen Überzeugung verweigerte er den Wehrdienst und wurde deshalb in Berlin vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 11. Dezember 1940 im Zuchthaus Brandenburg/Havel enthauptet.
Die Geschwister hielten trotz dieses schweren Verlustes an ihrer Glaubensüberzeugung fest. Nur ein halbes Jahr später erhielt auch der Sohn von Konrad und Theresia Seibold einen Einberufungsbefehl. Da Konni von seinem Vater ebenfalls in den biblischen Überzeugungen der Zeugen Jehovas erzogen worden war, verweigerte er wie sein Onkel jeglichen Wehrdienst. Die Verhandlung gegen den 19-Jährigen fand am 27. Februar 1942 vor dem Reichskriegsgericht statt und endete mit der Todesstrafe. Bevor das Urteil am 28. März 1942 im Zuchthaus Brandenburg vollstreckt wurde, schrieb er an seine Eltern voller Zuversicht: „Mein Glaube ist unerschütterlich. […] Wenn Ihr einen wirklichen Glauben habt, dürft Ihr nicht traurig sein. Es gibt ein freudiges Wiedersehen.“
Ein Jahr später verhaftete die Gestapo Stuttgart Konrad Seibold, dessen Bruder Josef und die Schwester Barbara, weil sie sich im Sinne der Bibelforscher öffentlich geäußert hatten. Barbara wurde anschließend in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt, die Brüder Konrad und Josef kamen dagegen in das Konzentrationslager Dachau. Im August 1944 wurden beide weiter nach Mauthausen transportiert, um in der Eisenhütte der Hermann-Göring-Werke in Linz Sklavenarbeit zu leisten. Während Josef die Befreiung durch amerikanische Truppen erlebte, verstarb Konrad am 14. April 1945.

Die Stadt Ulm ehrte die vier Geschwister Konrad, Johann, Josef und Barbara Seibold und den Sohn Konni im Gedenken an ihre Verfolgung im Nationalsozialismus mit der Verlegung eines Stolpersteins. Der Kölner Künstler Günter Demnig verlegte im Oktober 2017 die Gedenksteine jeweils am letzten Wohnort.

Marcus Herrberger

Zeitgeschichtsforscher zu den Themen Kriegsdienstverweigerung und Verfolgung religiöser Minderheiten unter dem Nationalsozialismus und Autor verschiedener Publikationen zur Militärjustiz im Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie zur Rehabilitierung von NS-Opfern

 

Quellen:

Arolsen Archives, Seibold, Konrad, Konzentrationslager Mauthausen 1.1.26, Digitalisat 1754833 f.

Arolsen Archives, Seibold, Josef, Konzentrationslager Mauthausen 1.1.26, Digitalisat 1754827 f.

Marcus Herrberger (Hg.): Denn es steht geschrieben: „Du sollst nicht töten!“ Die Verfolgung religiöser Kriegsdienstverweigerer unter dem NS-Regime mit besonderer Berücksichtigung der Zeugen Jehovas (1939–1945) (Wien 2005), S. 134, 155f., 162, 414.

Karl Höhn/Hildegard Sander: Ulmer Bilder-Chronik (Ulm 1978), S. 248.

Stolpersteine Ulm

Johannes Wrobel: „Auf Wiedersehen!“ – Abschiedsbriefe von zum Tode verurteilten Zeugen Jehovas im NS-Regime, in: Herrberger (Hg.): Denn es steht geschrieben, S. 243, 304.

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