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Georg Benjamin 1895 - 1942 Bearbeiten

Geboren 10.9.1895 in Berlin
Gestorben 26.8.1942 in Mauthausen

Biografie

Georg Benjamin wurde am 10. September 1895 als Sohn von Emil und Pauline (geb. Schönflies) in Berlin geboren. Wie sein älterer Bruder Walter (1892-1940) und seine jüngere Schwester Dora (1901-1946) wuchs er in einer bürgerlichen, liberalen, jüdisch-assimilierten Familie im wohlhabenden Ortsteil Grunewald auf.

Im freiwilligen Frontdienst im Ersten Weltkrieg sah er nachträglich die Wurzel eines tiefen Gleichmuts, der ihn später die Folter der NS-Haft lange ertragen ließ [Benjamin: S. 278]. Die Kriegserlebnisse wurden zudem zum Schlüssel für seine Wahl des Medizinstudiums sowie eine unbeugsame kommunistische Überzeugung. Paradoxerweise sollte er für Kriegsverletzungen noch 1934 „[i]m Namen des Führers“ mit dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet werden [ebd., S. 33]. Seine erste KZ-Haft hatte er da bereits hinter sich.

Noch während des Medizinstudiums 1920 trat er der Unabhängigen Sozialdemokratischen (USPD), 1922 dann der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. 1926 heiratete er Hilde (geb. Lange). Ab 1923 stellte er sein sozialhygienisches Fachwissen in den Dienst der Werktätigen, v.a. des „roten Wedding“. In der Schrift „Tod den Schwachen? Neue Tendenzen der Klassenmedizin“ fasste Georg Benjamin den Maßstab zusammen, den er u.a. als Stadtschularzt, im Proletarischen Gesundheitsdienst, Arbeiter-Samariter-Bund, Internationaler Arbeiterhilfe, der Säuglingsfürsorge, als Kassenarzt und als Kursleiter an der Marxistischen Arbeiterschule (MASch) anlegte:

Nicht Erhaltung der Arbeitskraft, d.h. der Ausbeutbaren, sondern Erhaltung des Menschenlebens.“ [Lange: S. 141]

Sein sozialpolitisches Verständnis von Medizin äußerte sich auch im lauten Protest gegen Kinderarbeit und „Rassenhygiene“ oder im Kampf gegen den „Abtreibungsparagraphen“ § 218 StGB. Er vertrat seine Positionen in zahlreichen Schriften und Broschüren, ab 1929 als gewählter Bezirksverordneter im Berliner Bezirk Wedding. Das Engagement des Intellektuellen aus bürgerlichem Hause war kein karitatives, sondern ein solidarisch-teilhabendes: „Seine politische und menschliche Verwurzelung im Arbeiterbezirk Wedding machte es verständlich, dass er hier auch seine berufliche Aufgabe sah. […] In den Straßen und Arbeiterlokalen des Wedding war er zu Hause“, so Hilde [Benjamin: S. 58f.].

1932 wurde ihr gemeinsamer Sohn Michael „Mischa“ geboren. „Das Verhältnis Georg Benjamins zu seinem Sohn ist“, Hilde zufolge „in der Fülle seiner Liebe und Zärtlichkeit nicht darzustellen“ [ebd., S. 268]. Durch die Haftzeiten blieben Vater und Sohn lediglich zwei gemeinsame Jahre. Eine schriftliche Korrespondenz, in der Georg an der Erziehung teilnahm und Michael u.a. im Schach unterrichtete, bezeugt liebevolle familiäre Fürsorglichkeit.

Noch in der aufgeheizten Stimmung vor den Reichstagswahlen am 5. März 1933 hängte Georg Benjamin eine große rote Fahne aus seiner Praxis, aus der heraus er am 14. April verhaftet wurde – „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“, wie es hieß [ebd., S. 210]. Am 24. Dezember wurde er aus dem KZ Sonnenburg entlassen. Nach der Haft, als es Jüd_innen (nach Nürnberger Rassegesetzen) noch erlaubt war, machte er seinen Führerschein nach, besuchte medizinische Fortbildungen und lernte Russisch – „man wird [im Widerstand] einmal alles können müssen“, zitiert ihn Hilde [ebd., S. 229]. Vermutlich ab 1935 wurde Georg Benjamin wieder im Widerstand aktiv und übersetzte u.a. Artikel für die zersplitterten KPD-Kader.

Am 14. Mai 1936 wurde er im KZ Columbia-Haus inhaftiert, angeklagt, ins Gefängnis Moabit überstellt und am 14. Oktober wegen „staatsfeindlicher Betätigung“ zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Lange Zeit saß er in Brandenburg-Görden in zermürbender Einzelhaft. Alle zwei Monate wurde ihm ein Brief, alle drei Monate 15 Minuten Besuch gewährt. Regelmäßig wurde er zur Zwangsarbeit gezwungen.

Auf Anordnung der Gestapo wurde „der Jude Georg Benjamin“ nach seiner Strafverbüßung am 15. Mai 1942 in die Berliner Prinz-Albrecht-Straße überstellt und in das Arbeitslager Wuhlheide gebracht.

Am 10. August wurde er von dort ins Konzentrationslager Mauthausen deportiert, wo er am 18. August als Nr. 12125 der Baracke 5, dem sog. „Judenblock“, zugewiesen wurde. Der Eintrag im Totenbuch ist bereits auf den 26. August 1942 datiert. An der von der SS kolportierten Todesursache, „Freitod durch Starkstrom“, ist Zweifel angebracht. Hilde Benjamin schrieb: „[E]s war nicht Selbstmord – es war Mord.“ [Ebd., S. 291]

Vom Selbstmord des Bruders Walter auf der Flucht vor der Gestapo 1940 in Portbou erfuhr Georg Benjamin nicht mehr. Schwester Dora starb 1946 im Zürcher Exil an Krebs.

Johannes Buder, Vermittler an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

 

Quellen:

Hilde Benjamin: Georg Benjamin. Eine Biographie (Leipzig 1977).

Bernd-Peter Lange: Georg Benjamin. Ein bürgerlicher Revolutionär im roten Wedding (Berlin 2019).

Totenbuch des KZ Mauthausen, Sammlung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, AMM Y/46, Nr. 2416-2447.

Zugangsliste vom 18. August 1942, Sammlung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, AMM Y/50/01/7, S. 162.

 

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