Stanisław Pawlak 1900 - 1941 Bearbeiten
Geboren 17.4.1900 in Kamienice
Gestorben 19.8.1941 in Hartheim
Biografie
Leider weiß ich nur sehr wenig über das Leben meines Großvaters. Ich kam 1946 auf die Welt – fünf Jahre nach seinem Tod. Ich habe ihn nicht kennengelernt, und als Kind hatte man nicht das Bedürfnis, etwas über Menschen zu erfahren, die bereits tot waren und die man überhaupt nicht gekannt hatte. Und später stellt sich dann heraus, dass es niemanden mehr gibt, den man fragen könnte. Mein Großvater war verheiratet mit Maria, geborene Gitler (1905-1969). Sie hatten zwei Töchter: Zofia (1925-1954) und Jadwiga (1932-1989). Ich bin das einzige Kind von Zofia Darska, geborene Pawlak, die nach Ungarn heiratete und in Budapest lebte.
Hier sind meine Erinnerungen: Meine Großmutter erzählte mir, dass mein Großvater im Rathaus in Kolo (Polen) gearbeitet hatte. Sie glaubte, dass er vielleicht die Zusammenarbeit verweigert oder keine Informationen preisgegeben hat. Einen anderen Grund gab es ihrer Meinung nach nicht, warum sie ihn eines nachts abholten. Es blieb gerade so viel Zeit, dass mein Großvater sich anziehen konnte und meine Großmutter schnell einige wenige Dinge in einen Koffer geben und etwas Geld in seinen Mantel einnähen konnte.
Zitat aus einem Brief von Paul Rosenthaler, Mitarbeiter in der Gedenkstätte Mauthausen:
„Ihr Großvater Stanisław Pawlak war Häftling in Mauthausen vom 2. August 1940 bis zum 19. August 1941. An jenem Tag wurde er nach Hartheim überstellt und am gleichen Tag ermordet. Beiliegend erhalten Sie als Scan die von Jean Marie Winkler in seinem Buch veröffentlichte Transportliste vom 19. August 1940. Offiziell starb Stanislaw Pawlak im Lager. Die Sterbeurkunde war gefälscht.
Wir haben keine Unterlagen über Ihren Großvater in unserem Archiv. In den Arolsen-Archiven ist ein Dokument online: https://collections.arolsen-archives.org/archive/1675386/?p=1&s=pawlak%20Stanislaw&doc_id=1675387.”
Eine weitere Erinnerung: Ich weiß nicht warum, aber ich fand die Gefangenschaft von einem Jahr eher kurz, und mir fiel ein, dass meine Großmutter erzählt hatte, dass mein Großvater zuerst nach Dachau gebracht und erst danach nach Mauthausen überstellt wurde. Und dass sie das Geld in einen Pelzmantel eingenäht hatte (vielleicht war es damals kalt gewesen, oder es war doch nicht im August geschehen).
Ein weiteres Zitat:
„Ihre Erinnerung bezüglich Dachau stimmt. Aus unseren Aufzeichnungen geht hervor, dass Ihr Großvater von Dachau nach Mauthausen überstellt wurde. Ich habe die Kolleg*innen im Archiv um weitere Informationen ersucht.“
Ein Bekannter meiner Großeltern, der Mauthausen überlebt und nach Hause zurückgekehrt war, erzählte meiner Großmutter, warum mein Großvater sterben musste: Er hatte Erfrierungen an den Beinen. Mit der Zeit entzündeten sich diese Stellen am Bein und das Muskelfleisch verfaulte fast bis zum Knochen. Er konnte nicht arbeiten. Dieser Mann sah, wie man meinen Großvater aus dem Lager führte. Ihre Augen trafen sich und sie verabschiedeten sich wortlos voneinander, denn sie befürchteten, dass ein Gruß oder eine Geste auch dem anderen zum Verhängnis werden würde. Dieser Mann hatte irgendwie den Koffer meines Großvaters in die Hände bekommen und brachte ihn nach der Befreiung meiner Großmutter. Ich bewahre diesen Koffer bis heute auf. Das sind alle meine Erinnerungen. Alles was ich sonst noch habe, sind einige Familienfotos und die Original-Sterbeurkunde. Der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim wird diese Memorabilien in sein Archiv aufnehmen, worüber ich mich sehr freue. Ich bin verwitwet und habe keine Kinder und auch keine Verwandten in Ungarn. Auch in Polen gibt es niemanden, dem ich diese Gegenstände anvertrauen möchte. Fremde würden sich eines Tages um meine Hinterlassenschaft kümmern. Der Koffer würde achtlos auf dem Müll landen und niemand würde verstehen, warum ich etwas so „Hässliches“ aufbewahrt hatte. Aber der Koffer hat mit mir/uns einige Umzüge mitgemacht: Kolo (wo meine Großeltern lebten und ich geboren wurde) – Puszczykówko (nahe Posen) – Posen – Budapest. Meine Großmutter wollte unbedingt Mauthausen besuchen, aber aufgrund unserer schlechten wirtschaftlichen Lage, ihrer schlechten Gesundheit und anderer Reisebeschränkungen jener Zeit war es ihr nicht vergönnt. Ich habe diese persönlichen Gegenstände auch in ihrem Namen angeboten. Das ist alles, was ich Ihnen erzählen kann.
Izabella Darska Havasi, Enkelin