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Henri Jacques Garnier 1907 - 1945 Bearbeiten

Geboren 28.10.1907 in Paris
Gestorben 27.4.1945 in Mauthausen

Biografie

Henri Jacques Garnier wurde am 28. Oktober 1907 am Wohnsitz seiner Eltern in der Rue Bonvin Nr. 23 in Paris (15. Bezirk) geboren. Sein Vater Eugène war Inspektor im Post- und Telegrafenamt, seine Mutter Germaine, geb. Brissonnet, war Hausfrau. 1936 erhielt Henri Jacques Garnier eine Stelle als Französischlehrer am Lycée Henri Poincaré in Nancy. Ende 1939 wechselte er in das Lycée von Montluçon (Departement Allier); er wohnte in der Rue Corneille in Montluçon. Laut einer Aktennotiz des Zentralen Nachrichtendienstes Renseignements Généraux des Departements Allier vom 5. Jänner 1944 wurde er am 29. Dezember 1943 von der deutschen Polizei verhaftet, nachdem Marie-Rose Marchionni am Vortag mit einem gefälschten Ausweis, den Henri Garnier besorgt hatte, festgenommen worden war. In einer weiteren Aktennotiz vom 6. Jänner 1944 schrieb der Hauptkommissar des Zentralen Nachrichtendienstes (Renseignements Généraux) von Montluçon: „Außerdem betreibt Herr Garnier Schwarzmarkthandel. (...) Der genaue Grund für die Verhaftung von Henri Garnier wurde jedoch nicht angegeben; möglicherweise handelte es sich lediglich um einen gewöhnlichen Rechtsverstoß, der mit der Ausstellung eines falschen Personalausweises und der Verhaftung einer Frau namens Marie-Rose zusammenhängt.“ Henri Garnier wurde im deutschen Militärgefängnis La Mal-Coiffée in Moulins (Departement Allier) und anschließend im Frontstalag Nr. 122, d. h. in Compiègne eingesperrt. Dort wurde er unter der Matrikelnummer 28340 registriert. In einem Brief vom 6. März 1944 an ein Familienmitglied zeigte er sich eher optimistisch was seine Zukunft anging. „Die deutschen Behörden sind uns gegenüber sehr korrekt. Wir tun unsererseits was wir können, damit alles gut geht. Glücklicherweise bin ich aus einem nicht allzu schwerwiegenden Grund hier gelandet, denn ich habe nie etwas gegen die Besatzungsbehörden unternommen.“

Am 6. April 1944 wurde er von Compiègne nach Mauthausen (Österreich) deportiert, wo er am 8. April mit dem Konvoi N° I.199 eintraf. Dort wurde er unter der Matrikelnummer 62415 registriert; nach der Quarantäne wurde er am 24. April ins Außenlager Melk überstellt.

Die Stadt Melk befindet sich in Niederösterreich. Am 21. April 1944 trafen mindestens 500 von insgesamt über 10 000 Häftlingen in Melk ein, die dem Projekt „Quarz" zugeteilt wurden. Bei diesem Projekt ging es um den Bau einer unterirdischen Rüstungsfabrik, wo Kugellager für die Firma Steyr-Daimler-Puch hergestellt werden sollten. Das Werk wurde zwar so gut wie fertiggestellt, letztendlich wurde dort aber kein einziges Kugellager produziert. Am 15. April 1945 endete die Evakuierung aller Lagerhäftlinge nach Mauthausen bzw. Ebensee (Quelle: „Livre Mémorial des Déportés de France“ (Gedenkbuch der Deportierten Frankreichs) der Stiftung F.M.D. (Fondation pour la Mémoire de la Déportation).

Am 10. Mai 1944 wurde er in das Hauptlager Mauthausen zurücküberstellt, bevor er am 27. August 1944 neuerlich dem Lager Melk zugewiesen wurde. Im April 1945 wurde er ins KZ Ebensee (Oberösterreich) gebracht. Ebensee liegt am Traunsee und ist von großen Bergen umgeben. Er wurde nochmals in das Hauptlager Mauthausen zurückgeschickt, wo er laut Angaben des Standesamtes von Paris und der Amtszeitung Nr. 190 vom 18. August 1992 am 27. April 1944 verstarb. Er erhielt den Titel „Mort pour la France“ (Gestorben für Frankreich).

Jean-Marie Heissat machte folgende schriftliche Aussage: „Niemand hätte gedacht, dass ich eines Tages Gelegenheit haben würde, meine Erinnerung an Henri Garnier, der meine Jugend mit Abstand am stärksten geprägt hat, neu aufleben zu lassen. Als wir etwa 12 Jahre alt waren, trat im Oktober 1936 ein Athlet schnellen und entschlossenen Schrittes in unsere Klasse ein. Es war ein kräftiger, selbstsicherer Mann. Wir standen alle sofort auf. Damals war das üblich, und rückblickend finde ich, dass es in diesem Fall absolut gerechtfertigt war, diese Regel einzuhalten. Der Lehrer sah uns lange und schweigend durch seine dicke Hornbrille an, bevor er uns seine Grundsätze darlegte: Er meinte, dass Disziplin die Grundbedingung sei, um entspannt und mit Vertrauen zu arbeiten. Heute noch habe ich seine tiefe, warme und ernste Stimme im Ohr. Er strahlte eine natürliche Autorität, gute Laune und Intelligenz aus. Von allen Französischlehrern, die mir im Lycée Henri Poincaré begegnet sind, war er der Einzige, der uns beigebracht hat, gemeinsam und an der Tafel Texte zu verfassen. Kurz, wir alle liebten diesen Lehrer. Noch bevor ich von seinem tragischen Tod in einem Nazi-Konzentrationslager erfuhr, sagte ich immer wieder, dass uns allen klar war, wie sehr er sein Vaterland liebte.“

Livre Mémorial des Déportés de France (Gedenkbuch der Deportierten Frankreichs) der Stiftung F.M.D. (Fondation pour la Mémoire de la Déportation)

www.afmd-allier.com/PBCPPlayer.asp?ID=1415474

© AFMD (Amis de la Fondation pour la Mémoire de la Déportation) des Departements Allier

Quellen:

- Archiv des Departements Allier 778 W 12, 2032 W 1 Nr. 12987

- Archiv des Departements Puy-de-Dôme 908 W 171

- Archiv und Aussage von Jean-Marie Heissat – Städtisches Archiv Montluçon

- Standesämter von Paris (15. Bezirk) und Montluçon (Departement Allier)

- International Tracing Service Arolsen-Archiv

- Livre Mémorial des Déportés de France (Gedenkbuch der Deportierten Frankreichs) der Stiftung F.M.D. (Fondation pour la Mémoire de la Déportation), Verlag Tirésias 2004

- Mauthausen – Das dritte Denkmal – Verein der Freunde von Mauthausen

- Website MemorialGenWeb

 

Bildnachweis (Foto oben): Archiv von Jean-Marie Heissat, ehemaliger Schüler von Henri Garnier. Das Foto der Klasse V B des Lycée Poincaré in Nancy wurde 1936 aufgenommen. Anmerkung: Da das Originalfoto von Henri Garnier durch den Einfluss von Feuchtigkeit beschädigt war, wurde es von AFMD Allier retuschiert.

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