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Pierre Pion 1908 - 1945 Bearbeiten

Geboren 28.6.1908 in Marseille
Gestorben 26.4.1945 in Gusen

Biografie

Die Familie Pion – Vater und Sohn in der Résistance Teil I

Der Kommandant Pierre Pion (1880-1945)

Pierre Pion wurde am 17. Februar 1880 in Perrigny-sur-l’Ognon (Departement Côte d’Or) geboren. 1898 trat er als Freiwilliger der Marine-Infanterie bei. Er diente im 5. marokkanischen Marschbataillon (1913) und in der Armée d’Orient (Salonikifront) (1917).

Im Juni 1908 kam sein erster Sohn in Marseille zur Welt, der wie er Pierre genannt wurde. 1920 starb seine Frau – geborene Clémentine Bueri – beim Untergang des Passagierschiffs Afrique[1]. Am 5. Juli 1921 ging er in Caluire-et-Cuire eine neue Ehe mit Marie Hermance Renée Bourgeois (1888-1958) ein. Aus der zweiten Ehe ging ein Sohn hervor: René (1922-1977).

Im Mai 1925 kehrte Pierre Pion aus dem Fernen Osten zurück und durfte in den Ruhestand eintreten. Im September 1939 wurde er nochmals einberufen, wurde aber am 15. Jänner 1940 endgültig aus dem Dienst entlassen. Als Offizier der Ehrenlegion (1934) wurde er auch mit der Gedenkmedaille des Ersten Weltkriegs, der Interalliierten Siegesmedaille, der Kolonialmedaille (Bandspange A.O.F. und Bandspange „Maroc“) ausgezeichnet; er war ein Offizier 4. Klasse des Ordens Ouissam Alaouite (1917) und Offizier des Schwarzen Sterns von Benin (1922). 1940 wohnte der Kommandant Pierre Pion in der Rue de l’Église in Chambolle-Musigny (21), wo die Familie Pion seit langer Zeit ihren Sitz hatte.

Im Alter von sechzig Jahren trat er der Résistance bei. Im November 1942 trat er der N.A.P. (Résistance-Organisation zur Unterwanderung öffentlicher Verwaltungsstellen) als P.2.-Agent bei.

Am 7. Juli 1944 wurde er verhaftet und am 23. August 1944 im elsässischen KZ Natzweiler-Struthof interniert. Insgesamt waren 94 Männer von Dijon ins KZ Natzweiler-Struthof gebracht worden, nur 39 kehrten aus der Deportation zurück.

Vater und Sohn trafen einander im Lager von Struthof wieder. Beide wurden in demselben Konvoi zuerst nach Dachau und dann nach Mauthausen gebracht, und beide erlitten im Abstand von ein paar Wochen das gleiche Schicksal.

Der Oberstleutnant Pierre Pion

Die Jugendjahre von Pierre Pion in Caluire bei Joseph Bourgeois

Der Leutnant Pierre Pion (1908-1945) wurde am 29. Juni 1908 in Marseille geboren. Er ging in Lyon zur Schule (École de La Martinière) und erhielt sein Abschlusszeugnis im Juni 1920. Im März 1922 wurde sein Vater nach Schanghai geschickt. Pierre wurde von der Familie Bourgeois (Chemin des Mercières 24 in Caluire) aufgenommen, damit er seine Schulbildung in Frankreich fortsetzen konnte.

Joseph Claude Honoré Bourgeois wurde 1878 in Andelot-en-Montagne (Jura) geboren. Er heiratete die aus Jougne (Departement Doubs) stammende Théoline Maria Jeunet. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor: Renée, die zweite Ehefrau von Pierre Pion, Camille (1889-1978), Madeleine (1890-1941), Pierre (1898-1944)[2] und Maurice (1904-1979). In den 1920er-Jahren wohnte der junge Pierre Pion also bei den Eltern der zweiten Ehefrau seines Vaters.

Joseph Bourgeois hatte seine gesamte berufliche Laufbahn bei der Eisenbahn verbracht: 1890 war er Lokomotivführer in Louhans. Acht Jahre später war er stellvertretender Leiter der Eisenbahnverwaltung in Lyon.

Damals wohnte die Familie Bourgeois in der Rue Fénelon 3 in Lyon, 1906 zog sie in die Rue Duquesne, und schließlich nach Caluire (Chemin des Mercières). Das Stadtviertel Mercières wurde vollständig renoviert, die Rue „Pierre Bourgeois“ wurde nach dem Widerstandskämpfer der Organisation N.A.P.-Fer benannt.

An Josephs Seite begeisterte Pierre Pion sich für alles, was mit Eisenbahnen, Zügen, Lokomotiven usw. zu tun hatte. Josephs Frau Maria war Deutschlehrerin in der Mittelschule für junge Mädchen in Louhans, sie brachte ihm die Literatur näher: Als er sich der Résistance anschloss und ein Pseudonym wählen musste, entschied er sich für den Namen Viaud – den richtigen Namen des Marineoffiziers und Schriftstellers Pierre Loti, der Die Islandfischer und Ramuntcho geschrieben hatte. Eisenbahn, Marine und der Traum von fernen Ländern prägten die Jugend von Pierre Pion.

Pierre Pion in der École Pratique

Nachdem er seine Schulzeit in der Schule La Martinière erfolgreich abgeschlossen hatte, trat Pierre im Oktober 1923 in die weiterführende Schule École Pratique (Prat’s) ein, um den Beruf Schlosser zu erlernen. In seinem Jahrgang waren auch Gabriel Barret, der sich in weiterer Folge dem Bataillon Grésivaudan [3] anschloss, Roger Rouganne, den er später in Mauthausen[4] wieder treffen sollte, Leutnant Marius Robert, der im Juni 1940 starb, und Marius Gobet, der aus Cluny stammte.

1923 zählte die Schule Prat’s über 400 Schüler aus ganz Frankreich. Damals musste eine neue Stelle geschaffen werden: Ein Generalaufseher sollte dem Schulleiter Marius Deloire zur Seite stehen. In den Jahren nach dem Ende des 1. Weltkrieges war der neue Schuldirektor mit beträchtlichen Aufgaben konfrontiert. Der Entwicklungsausschuss (Aufsichtsrat) hatte den Wunsch, das bereits zwanzig Jahre alte Gebäude zu renovieren, und es war sogar davon die Rede, die Umgebung der Schule durch das Pflanzen von Platanen oder Sykomoren zu verschönern ... aber es gab weitaus wichtigere Probleme, die es zu lösen galt. So musste die Schule zum Beispiel in der Lage sein, die Schüler mit Lebensmitteln zu versorgen, die ständig teurer wurden. Der Entwicklungsausschuss stand vor einem schweren Dilemma: Entweder mussten die Internatskosten (von 1 350 F auf 1 450 F) erhöht oder das Fleisch rationiert (nur drei- bis viermal pro Woche abends) und der Weinkonsum eingeschränkt (1/4 Liter statt einem halben Liter) werden.

Die einzige gute Nachricht dieses Schuljahres war, dass die Firma Peugeot einem verdienstvollen Schüler ein Fahrrad schenkte. Dieses für die damalige Zeit großartige Geschenk wurde Georges Ballot zuteil, dessen Eltern Bauern in Saint-Léger-sur-Dheune waren.

Am 16. Juli 1925 erhielt Pierre Pion sein Abschlusszeugnis. Es kann durchaus sein, dass er im Juli 1925 mit dem Gedanken spielte, zur Aufnahmeprüfung der Ingenieurschule Arts-et-Métiers anzutreten. Letztendlich entschied er sich für eine ganz andere Laufbahn und verließ die Prat’s am 27. März 1926.

Militärlaufbahn

Am 28. Juli 1926 verpflichtete sich Pierre zu vier Jahren Dienst in der Armee. Er wurde dem 22. Kolonialen Infanterieregiment in Aix-en-Provence zugeteilt. 1927 wurde er zum Korporal ernannt und diente im Fernen Osten. Im Dezember 1929 kehrte der Unteroffizier Pion aus China zurück und landete in Marseille.

Am 19. März 1930 heiratete er Madeleine Théry in Brochon. Aus dieser Ehe ging im August 1942 ein Sohn hervor: Jean-Pierre.

Nach seiner Aufnahme an der Militärverwaltungsschule von Vincennes wurde er zum Leutnant der Verwaltungs- und Versorgungsdienstelle in Paris und später in Marokko ernannt. 1936 landete er in Marseille und wurde nach Bordeaux versetzt. Von März 1937 bis April 1940 diente er im Sudan. Als er am 13. April 1940 nach Frankreich zurückkehrte, wurde er der Kolonialverwaltung und -versorgung zugeteilt. Auf seinen Wunsch bekam er am 1. Juni 1940 einen Posten in der Kolonialverwaltung von Marseille.

Am 15. September 1940 wurde er infolge eines Waffenstillstands beurlaubt, aber im Juni 1941 musste er den Dienst wieder aufnehmen. Zu diesem Zeitpunkt wurde er nach Dijon geschickt, wo er für die Auszahlung der Solde und die Rekrutierungen verantwortlich war. Er lebte mit seiner Frau und seinem Sohn in Brochon.

Chantal Clergue

Chantal Clergue ist Historikerin. Sie widmete ihre Doktorarbeit dem Thema der Berufsschule im 19. Jahrhundert und lehrt in einer Schule. Sie beschäftigt sich auch mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs mit Schwerpunkt auf Ostfrankreich (Cluny, Mâcon, Lyon). Hauptforschungsthemen: Résistance, Doppelagenten, jüdische Familien, die versteckt wurden. Diesen Text veröffentlichte sie auf ihrem Blog „Cluny-histoiresdhistoire“.

 

[1]Am 12. Jänner 1920 starb seine Frau Clémentine - geborene Bueri - beim Untergang des Passagierschiffs Afrique. Von den 602 Passagieren überlebten nur 34. Zum Gedenken an diese Tragödie wurde in Les Sables-d'Olonne eine Stele errichtet.

[2] Am 5. Februar 1921 ging Pierre eine zweite Ehe mit Marcelle Marie Charlotte Bergeot in Caluire ein. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Gaby, Monique und Gilbert.

[3] Siehe nachstehenden Artikel: „Gabriel Barrel, ein ehemaliger Prat’s-Schüler im Bataillon von Grésivaudan.“

[4] Roger Rouganne wurde im April 1944 und Pierre Pion im Juli desselben Jahres nach Mauthausen deportiert.

 

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