Julian Samulowski 1890 - 1940 Bearbeiten
Geboren 25.5.1890 in Dittrichswalde / Gietrzwald
Gestorben 8.11.1940 in Gusen
Biografie
Ermittlungsverfahren Intelligenzaktion: Aussagen der Enkeltochter von Julian Samulowski, geboren am 25. Mai 1890 in Gietrzwałd [Dietrichswalde] in Warmia [Ermland].
Der Großvater absolvierte die Schule in Święta Lipka [Heiligelinde], wo er wie alle Kinder das Orgelspielen gelernt hatte. Seine Eltern waren Buchhändler, sein Urgroßvater Andrzej ein Dichter. Seine Mutter Marta, geborene Nowacka, stammte aus Mikołów [Nikolai]. Mein Großvater war musikalisch begabt und seine Eltern schickten ihn nach Regensburg, wo er bei Felix Nowowiejski studierte. Nach seinem Studium wollte er im Jahr 1913 eine Stelle in Warmia [Ermland] antreten, was jedoch aufgrund der antipolnischen deutschen Politik unmöglich war. Dann zog er zu seinen Großeltern nach Mikołów [Nikolai] und begann in der Pfarrei von Filip und Jakub [Philippus und Jakobus] in Żory [Sohrau] als Organist zu arbeiten. Zeitgleich war er Dirigent des Gesangsvereins „Feniks“. Dort lernte er seine zukünftige Frau Gertruda, geborene König, kennen. Sie hatten fünf Kinder: Maria starb im Säuglingsalter, Irena wurde 1922 geboren, Janina 1924, Józef 1927 und Barbara 1929.
Mein Großvater war antiklerikal und geriet mit seinen Arbeitgebern, den Priestern, in Konflikt. Aus diesem Grund wechselte mein Großvater von Zeit zu Zeit die Gemeinde, in der er arbeitete. In Knurów [Knurow] leitete er das Orchester des Bergwerks Knurów. Als er in Rybnik lebte, war er als Organist in der Kirche und Musiklehrer am polnischen Gymnasium tätig. Mein Großvater war zusammen mit seinem Schwager (dem Ehemann von Jadwiga König), dem Apotheker Bonifacy Bałdyk, an antideutschen Auftritten beteiligt. Während des Dritten Schlesischen Aufstandes war er Dirigent des Plebiszit-Orchesters [1].
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, arbeitete mein Großvater als Dirigent des Eisenbahnorchesters in Katowice [Kattowitz], während er die ganze Zeit in Żory [Sohrau] lebte. Als Eisenbahner hatte er die Möglichkeit, seine Familie in die Kresy [das Grenzland] zu bringen. Er nutzte diese Möglichkeit und brachte seine Frau und seine Kinder nach Hrubieszów [Grubeschow]. Nach einigen Monaten, in etwa drei Monate später, beschlossen sie, nach Żory zurückzukehren, da die Lebensbedingungen in Hrubieszów nicht [ihren] Grundbedürfnissen entsprachen. Meine Großmutter machte sich Sorgen um den Großvater, da er bereits in der Vergangenheit von den Deutschen wegen antipolnischer [2] Auftritte vor Gericht gestellt worden war. Sie beschlossen, dass der Großvater bei seiner Schwester in Częstochowa [Tschenstochau] bleiben würde. Als meine Großmutter nach Żory [Sohrau] zurückkehrte, fand sie die Wohnung versiegelt vor und konnte nicht dorthin zurückkehren. Sie zog bei ihrer Mutter Anna ein, in ein Mietshaus am Marktplatz.
Als mein Großvater am 3. Mai 1940 nach Żory zurückkam, warteten die Deutschen bereits vor dem Haus auf ihn. Sie erlaubten ihm lediglich, sich von seiner Frau zu verabschieden, und er wurde von ihnen abgeführt. Am selben Tag wurde Pfarrer Klimek von der Gestapo abgeführt. Nach der Verhaftung meines Großvaters hörte meine Großmutter lange Zeit nichts von ihm, bis sie aus dem Konzentrationslager Dachau einen Brief vom 2. Juni 1940 erhielt. Weitere Briefe meines Großvaters kamen am 28. Juli 1940 und am 15. September 1940 [dann] aus dem Konzentrationslager Mauthausen. Danach gab es keine weiteren Briefe mehr, nur eine Mitteilung vom 19. November 1940 über den Tod des Großvaters am 8. November 1940 und ein Telegramm, dass sie den Leichnam innerhalb von 24 Stunden abholen könne, da er sonst eingeäschert würde. Der nächste Brief kam vom Krematorium in Mauthausen mit der Information, dass die Asche gegen eine Gebühr verschickt werden würde. Die Asche kam in Żory [Sohrau] an und wurde auf dem Friedhof von Żory im Grab der Urgroßmutter Anna beigesetzt.
Eva Waitzmann-Samulowski / Ewa Koj, Staatsanwältin, Institut für nationales Gedenken Kattowice
[1] Anmerkung d. Übers.: gemäß Original, inhaltlich unklar, Plebiszit: Volksabstimmung, auch Volksbefragung
[2] Anmerkung d. Übers.: gemäß Original – „antipolnisch“ ergibt aber kaum Sinn– es sollte eher „antideutsch“ lauten