Francesco Daveri 1903 - 1945 Bearbeiten
Geboren 1.1.1903 in Piacenza
Gestorben 13.4.1945 in Gusen
Biografie
Francesco Daveri wurde 42 Jahre alt. Er wurde am 1. Jänner 1903 in Piacenza geboren und war Rechtsanwalt von Beruf. Er war verheiratet und Vater von sechs Kindern. Er besuchte das Bischofskolleg in Piacenza bis zum Gymnasium. Im Oktober 1919 wurde er an der Internatsschule Alberoni zugelassen. 1921 gab er die geistliche Laufbahn auf und trat der Gioventù cattolica (Katholische Jugend) und der Federazione universitaria cattolica italiana (FUCI, Italienischer Katholischer Universitätsverband) bei. Im Oktober 1922 wurde er Mitglied des Rates des Diözesanverbands. 1924 wurde er zum Propagandasekretär und 1926 zum Missionssekretär dieses Verbands nominiert. Von 1927 bis 1929 war er im Vorstand der FUCI. Ab 1930 ließ sein Engagement für die Verbände und die katholischen Vereine nach. Zur selben Zeit flammte sein antifaschistischer Kampfgeist immer mehr auf. Parallel zu seinen Aufgaben in der Azione Cattolica begann er in den frühen 1930er-Jahren Kontakte zu vielen Gegenspielern des Regimes zu knüpfen. Im Dezember 1942 musste seine Familien nach Bobbio (PC) übersiedeln. Er beschloss jedoch in Piacenza zu bleiben, wo er die besten Voraussetzungen zur Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt als auch für seine Aktivitäten als Regimegegner vorfand. Nach dem 25. Juli 1943 intervenierte er beim Präfekten De Bonis, um die Freilassung jener zu erwirken, die in den Straßen der Provinzhauptstadt für Mussolinis Fall demonstrierten. Am 1. September wurde er von De Bonis in die Provinzverwaltung geholt. Nach dem 8. September war er ein Gründungsmitglied des Comitato di Liberazione Nazionale (CLN, „Komitee der nationalen Befreiung“) von Piacenza. Die Gründung und regelmäßige Treffen des Komitees fanden in seiner Kanzlei statt. Dank seiner Kontakte im Militärarsenal und zu verschiedenen Kasernen in Piacenza leitete und organisierte er die Waffenversorgung der ersten im Val Nure und im Val Trebbia stationierten Partisanenverbände. Nachdem er von einem Gericht der Italienischen Sozialrepublik (Repubblica Sociale Italiana, RSI) wegen der Verbrennung eines Porträts von Mussolini (am 26. Juli) zusammen mit seinem Freund und Gefährten Raffaele Cantù zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war, ging Francesco Daveri im Jänner 1944 in den Untergrund und nannte sich von da an Lorenzo Bianchi. Am 16. März 1944 war er gezwungen, in die Schweiz zu flüchten. In Lugano kam er mit den Geheimdiensten der Alliierten in Kontakt, insbesondere mit dem britischen Geheimdienst. Aufgrund dieser Beziehungen kehrte er im Juli 1944 nach Italien nach Mailand zurück, um für das Generalkommando des C.V.L. (Corpo Volontari della Libertà) wichtige Aufgaben zu tätigen. Im gleichen Monat wurde er von Ferruccio Parri persönlich beauftragt, den Austausch von Geld, Waffen und Proviant zwischen den Regionen Emilia-Romagna, Piemont und Lombardei zu organisieren. Am 4. August wurde er sogar zum Militärinspektor für den Norden der Emilia ernannt. Am 18. November 1944 wurde er aufgrund einer Denunziation von der deutschen Sicherheitspolizei SD-SIPO in Mailand verhaftet. Die Polizei stürmte das Haus mit der Nummer 1 in der Via Sandri, wo er gerade den Transport einer großen Menge von Kriegsmaterial und Getreide zwischen Mailand und Piacenza organisierte. Er wurde der Spionage angeklagt und unter dem Namen Lorenzo Bianchi (wie aus dem Register der Haftanstalt hervorgeht) in San Vittore inhaftiert. Er wurde mehrmals im Hotel Regina (dem Sitz der Gestapo und der SS unter der Leitung von Theodor Emil Saevecke) verhört und gefoltert; jeder Versuch seiner Befreiung scheiterte. Am 16. Juni 1945 überstellte man ihn in das Lager von Bozen, wo er ungefähr zwei Wochen lang blieb. Am 1. Februar deportierte man ihn mit einem der letzten Eisenbahntransporte nach Mauthausen, wo er am 4. Februar ankam. Er wurde in das Außenlager Gusen II verlegt und leistete Zwangsarbeit im Steinbruch von St. Georgen. Die schrecklichen Haftbedingungen machten ihn so krank, dass in der Nacht vom 12. auf den 13. April 1945 im Krankenrevier des Lagers verstarb. Nach der Befreiung erhielt der die folgenden Auszeichnungen: silberne Tapferkeitsmedaille, goldene Medaille für zivile Verdienste (von der Gemeinde Piacenza am 23. April 1965), Ehrenurkunde durch das Kommando der Alliierten. Wir veröffentlichen auch das geistige Testament von Francesco Daveri, das er am 7. Juni 1944 im Schweizer Exil kurz vor seiner illegalen Rückkehr nach Italien verfasst hatte.
Brief an Matilde vom 14. Jänner 1945, Gefängnis San Vittore, Mailand:
“14/1
Liebe Matilde, ich hoffe, dass meine Freunde dich wie immer darüber informiert haben, dass ich an dich gedacht habe und ich immer gehofft habe, direkt von dir zu hören. Seit einigen Tagen denke ich oft an deinen Vater, aus Angst, dass ihm etwas passieren könnte, da das so traurige Zeiten sind. Rate ihm, sich in Acht zu nehmen und gib mir Bescheid, dass er diesen Rat befolgt. Ich hatte auch gehofft, dass dein Freund Alberto, den ich herzlich grüßen lasse, etwas für mich tun könnte: Er könnte einen Weg finden, an die Person, die von Sergio und Argenti genannt wird, heranzutreten: Es ist äußerst dringend, weil ich nur wie durch ein Wunder noch hier bin. Ich weiß nicht, vielleicht verlange ich etwas Unmögliches, aber ich weiß, dass du mich sehr gerne magst und auch ich mag dich sehr sehr gerne.
Aber wenn du nichts machen kannst, sollst weder du noch Alberto sich wegen mir Sorgen machen, habt mich einfach immer gern. Natürlich tut es mir leid, meine Arbeit, die mich sehr ausgefüllt hat, unterbrochen zu haben. Liebe Matilde, jetzt, wo ich dir schreibe, muss ich auch an meine geliebten Töchter denken: Carlina und Matildina, die zwei herzallerliebsten Mädchen von diesem unglücklichen Papa. Entschuldige, dass ich abgeschweift bin und verstehe mich. Wenn du kannst, schreib mir und lass mir Papa und Mama ganz herzlich grüßen.
Ich umarme dich
dein Emilio
Für Matilde
über Sergio
Dringend”
Igor Pizzirusso
INMSLI – Istituto Nazionale per la Storia del Movimento di Liberazione in Italia, Mailand