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Paul Lübke 1889 - 1942 Bearbeiten

Geboren 10.1.1889 in Groß Stepenitz / Stepnica
Gestorben 18.12.1942 in Mauthausen

Biografie

Paul Lübke wurde am 10. Januar 1889 in Stepnica (damals Groß Stepenitz) geboren. Als uneheliches Kind wuchs er bei Pflegeeltern auf. Nach seiner Schulentlassung 1903 arbeitete er unter anderem als Schiffsjunge, Heizer und Kohlentrimmer. Auch nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Soldat fand er keinen festen Beruf. Wahrscheinlich lag dies nicht zuletzt an den verschiedenen Erkrankungen, denen er im Zuge der 1920er Jahre unterlag. So blieb sein Leben von Armut geprägt. Lübke hatte 1914 geheiratet, seine Frau gebar kurz darauf ein Kind. Die Ehe wurde 1927 geschieden. In dieser Zeit sammelte er auch viele Vorstrafen, vor allem wegen Diebstahl, an. In dem Versuch, dieser Prekarität ein Ende zu setzen, ließ er sich 1931 als Heilpraktiker ausbilden. Ein Jahr später eröffnete er seine Praxis in Hamburg. Die Praxis blieb relativ erfolglos, jedoch scheint er durch diese Tätigkeit zur Durchführung von Abtreibungen gekommen zu sein. Er half vor allem Hamburger Arbeiterinnen, die ungewollt schwanger wurden; unter ihnen befanden sich sowohl die Freundin eines NSDAP-Mitglieds wie die eines als „Halbjuden“ bezeichneten Radiotechnikers. Seine Tätigkeit sprach sich herum, sei es durch Kontakte in der Arbeit, der Familie, den Cafés der Hamburger Reeperbahn oder einem italienischen Eissalon. Diese Abtreibungen nahm er fast ausschließlich gegen Entgelt vor. Obwohl manche der Frauen, deren Schwangerschaften er unterbrach, das Verhältnis als ausbeuterisch darstellten, gab es auch andere, die im Zuge der Abtreibung eine freundschaftliche Beziehung zu Lübke aufbauten. „Ich kann sagen, dass Lübke immer sehr nett zu mir war“, meinte eine erwerbslose Kontoristin aus Hamburg-Harburg.

1934 wurde Lübke zum ersten Mal wegen Abtreibung verurteilt, er musste anderthalb Jahre im Zuchthaus verbringen. Am 14. April 1938 suchte die Polizei ihn erneut in seiner Wohnung auf. Als ihm eröffnet wurde, dass er zur Vernehmung mitkommen müsse, meinte er, er würde nie wieder freikommen. Er sollte Recht behalten. Zunächst gab er zwar die Abtreibungen zu, verschwieg jedoch die Namen der betreffenden Frauen und Männer, um sie nicht in das Verfahren zu verstricken. Unter dem Druck der Polizei nannte er jedoch die Namen der Betroffenen, sodass umfängliche Ermittlungen angestellt wurden. Seine Abtreibungsinstrumente hatte er laut eigenen Angaben in die Elbe geworfen. Nach über einem Jahr Untersuchungshaft wurde er am 28. Juni 1939 wegen 16 Fällen (versuchter) „gewerbsmäßiger“ Abtreibung und einer „nicht gewerbsmäßigen“ Abtreibung als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“ zu acht Jahren Zuchthaus und „Sicherungsverwahrung“ verurteilt. Seine Revision wurde verworfen.

Schon in der Untersuchungshaft hatte Lübke erheblich zu leiden. Er erhielt keine Besuchserlaubnis und Zahnprobleme erschwerten ihm das Essen. Nach der Verurteilung kam er in die Zuchthäuser Bremen-Oslebshausen und Hamburg-Fuhlsbüttel. Am 5. Dezember 1942 wurde er in das KZ Mauthausen abtransportiert, wo er am 8. Dezember ankam. Er starb lediglich zehn Tage später, am 18. Dezember, im Alter von 53 Jahren.

Die Akten der Hamburger Staatsanwaltschaft geben wenig Aufschluss über die Persönlichkeit Lübkes oder wie er die reproduktive Arbeit, die er in Form der Abtreibungen ausführte, bewertete. Es ist lediglich notiert, dass der Mann mit schwarz gelocktem Haar und Hornbrille ein „leidenschaftlicher Tänzer“ gewesen sei.

 

Emma Teworte, Forschende

 

Archivquellen

Staatsarchiv Hamburg, 213-11 Nr. 59016 und Nr. 59017; 242-1 II Nr. 2430

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