Gabriel Pierre Querbouet 1915 - 1945 Bearbeiten
Geboren 19.6.1915 in Loyat
Gestorben 31.5.1945 in Mauthausen
Biografie
Pierre Querbouët war Landwirt im Morbihan und lebte während des Krieges mit seiner Frau Bernadette (geb. Thomas) im Marktflecken Loyat. Am 18. Jänner 1944 wurde im Dorf Guilliers, das nur wenige Kilometer von Loyat entfernt ist, die Leiche eines deutschen Soldaten entdeckt; dieser hatte einer mit der Beschlagnahmung von Pferden beauftragten Kommission angehört, die am Vortag in unmittelbarer Nähe der Gastwirtschaft Cadio in „La Taudière“ im Einsatz war. Die Entdeckung dieser Leiche sollte dramatische Folgen haben: Der Mörder des Obergefreiten Hammes, der junge Widerstandskämpfer Georges Ollitrault, „hatte sich von den anderen Mitgliedern seiner Einheit abgesondert, nachdem er seine Absicht, Butter in den Bauernhöfen zu kaufen, verkündet hatte“. Er wurde auf einem „Schleichweg“ mit einer „Verletzung am Hinterkopf“ gefunden; gemäß seiner Aussage war er genötigt gewesen, den deutschen Soldaten umzubringen, da dieser im Begriff war, seine Personalien zu überprüfen; es besteht allerdings guter Grund zur Annahme, dass er den Mord begangen hatte, um dem Deutschen Koppel und Waffe abzunehmen. Zwei Tage lang ereignete sich nichts, und die Gendarmerie ging von einem Selbstmord aus, obwohl neben der Leiche keine Waffe gefunden worden war. Die SiPo (Sicherheitspolizei) von Rennes wurde nach Guilliers gerufen, um den Schuldigen ausfindig zu machen. Obwohl die SiPo eine Personenbeschreibung des Mörders hatte, konnte der Täter nicht gefunden werden; die deutschen Behörden umstellten die Gemeinden Guilliers, Mauron, Loyat und Évriguet und trieben alle Männer zusammen; schließlich wurden etwa vierzig verhaftet, die meisten waren sehr jung, nur ein Viertel war vor 1920 geboren.
Von den 500 Männern, die im Hof der Schule von Guilliers zusammengetrieben worden waren, wurden etwa vierzig zu Fuß in die Schule von Mauron gebracht, wo sie vier Tage verbringen und von der Bevölkerung versorgt werden. Pierre lässt seiner Frau Nachrichten zukommen, von denen er die letzte nach seinem Besuch schreibt: "Man hat uns nach der Suppe heute Abend gesagt, dass wir nach Compiègne gehen müssen." Am nächsten Tag, dem 25. Jänner, bringt der Zug um 8 Uhr die Verhafteten über Rennes nach Compiègne. Auf der Fahrt durch einen Pariser Vorort, übergibt er Eisenbahnern einen Zettel mit der Adresse seiner Frau, auf dem er ihre Route und die Fahrtzeiten angibt. Der Brief kam ohne Port am Zielort an! Im Frontstalag 122 von Compiègne Royallieu eingesperrt, wurde Pierre Querbouët die Nummer 25910 zugewiesen. Am 9. Februar schickte er seiner Frau eine Nachricht um ihr mitzuteilen, dass sie ihm Briefe und Pakete senden könne. Am 15. Februar schrieb er: „Ich nutze die Gelegenheit, um dir mitzuteilen, dass es mir nach wie vor gut geht, und ich hoffe, dass du meinen ersten Brief erhalten hast […] ich bin noch immer mit den Kameraden zusammen, und wir erfreuen uns guter Gesundheit […].“ In seinem letzten, in Frankreich aufgegebenen Brief vom 1. März, ging es hauptsächlich um den Versand von Paketen. Drei Wochen später, am 22. März 1944, wurde er zusammen mit vierzig der gleichzeitig verhafteten Kameraden mit dem ersten Großkonvoi des Jahres 1944 nach Österreich deportiert. Insgesamt wurden mit diesem Konvoi 1.200 Männer deportiert. Nach einer dreitägigen Fahrt in Viehwaggons erreichte er den Bahnhof von Mauthausen und legte die, ein paar Kilometer lange Strecke zum Konzentrationslager zu Fuß zurück, wo er unter der Nummer 60477 registriert wurde. Am 16. April 1944 trat er gemeinsam mit 131 Franzosen, von denen 127 mit 60 000 beginnende Häftlingsnummern hatten, und 140 Häftlingen anderer Staatsangehörigkeiten die Fahrt nach Wiener Neudorf an. Die ersten 187 Männer dieser Liste waren unter Nummern zwischen 60354 und 60501 registriert, was den Namen von M bis T entsprach; da mehr Männer benötigt wurden, wurden dieser Liste weitere 87 Männer willkürlich hinzugefügt. In diesem Lager arbeitete er für das Luftfahrtunternehmen Flugmotoren Ostmark. Pierre Querbouët blieb ein Jahr in diesem Lager. Am 17. August 1944 um 15 Uhr wurde eine vier Tage zuvor von Gabriel Querbouët in Wiener Neudorf geschriebene Karte auf der Poststelle abgestempelt. Die wenigen Worte, mit denen er seiner Frau mitteilte, er sei gesund und warte auf ihre Nachricht, ähneln den Briefen, die während dieser Tage von den französischen Häftlingen des Konzentrationslagers geschrieben wurden – daraus geht hervor, dass der Inhalt, genau wie beim Schreiben vom 9. Juni, höchstwahrscheinlich vorgeschrieben war. Gabriel schickte diese Karte seiner Frau, die am 17. Juni Mutter eines kleinen Mädchens, Armelle, geworden war.
Als die Rote Armee im April 1945 in Wien einmarschierte, wurde das Lager in Wiener Neudorf evakuiert. Endlose Häftlingskolonnen waren zu Fuß nach Westen in Richtung Mauthausen unterwegs. Während der ersten Tage wussten die Häftlinge nicht, wohin man sie bringen wollte, und sie waren offenbar nicht die einzigen: „Es ist ganz offensichtlich, dass sie nicht wissen, was sie mit uns anfangen sollen. Heute Morgen ging es Richtung Süden, dann kehrten wir wieder um und es ging in Richtung Osten weiter", erzählte uns Georges Loustaunau-Lacau, der zu den evakuierten Häftlingen gehörte. Als sie nach endlosen Marschtagen wieder in Mauthausen angekommen waren, landeten Pierre Querbouët und seine Kameraden wieder im Quarantäneblock, den sie ein Jahr zuvor verlassen hatten. Am 5. Mai 1945 war Pierre Querbouët bereits sehr schwach, lebte aber noch, als die Einheit der 3. US-Armee unter dem Kommando von Sergeant Albert J. Kosiek der 41. Cavalry Squadron die Tore des Lagers erreichte. Er wurde von den US-Soldaten gepflegt, starb dennoch am 31. Mai 1945. Er wurde auf dem ehemaligen SS-Sportplatz unterhalb des Lagers beerdigt und im Zuge der Ausgrabungsarbeiten des Jahres 1955 exhumiert.
Von den 43 bei der Massenverhaftung von Guilliers und Umgebung Deportierten haben nur 19 den Krieg überlebt. Nur zwei wurden nicht nach Mauthausen, sondern nach Dachau bzw. Neuengamme gebracht.
Am 15. November 1951 erhielt Pierre Querbouët die Auszeichnung Mort pour la France (Für Frankreich gestorben) und den Titel Déporté politique (Politischer Deportierter).
Adeline Lee, Armelle Querbouet
Quellen:
SHD (Service Historique de la Défense - Zentrales Archiv des französischen Verteidigungsministeriums und der französischen Armee), Akte MED 21 P 528537, LA 20748 (Auszug einer Liste der auf dem „amerikanischen“ Friedhof von Mauthausen anhand der auf den jeweiligen Körpern gefundenen Gefangenennummern identifizieren Leichen), MA 16/2, 62 (Identifizierungsliste nach der Exhumierung), 61/1, 57/6, 26/3, 54/4, 26 P 1132 Originalregister des Konzentrationslagers Mauthausen, Häftling-Personal-Karte.
Archive des Departements Côtes-d’Armor, 68J20, Georges Ollitraut, „Récit de mon activité résistante“ („Ich war in der Résistance“).
Literatur:
Loustaunau-Lacau Georges, Chiens maudits. Souvenirs d’un rescapé des bagnes hitlériens (Verdammte Hunde. Erinnerungen eines Überlebenden der Zwangsarbeitslager der Nazizeit), Paris, Verlag éditions du réseau alliance, 1945, 95 Seiten (Zitat auf S. 91).
Leroux Roger, Le Morbihan en guerre, 1939-1945 (Das Departement Morbihan während des Krieges, 1939-1945), Mayenne, Verlag éd. Régionales de l’Ouest, 1997 (1. Auflage 1978), S. 295-296.
Volatron Jean-Pierre, „Lettres du camp de déportation de Mauthausen“ (Briefe aus dem Deportationslager Mauthausen), Les cahiers de la FNARH, Revue des Nationalen Zusammenschlusses der Personalverbände der Post und France Télécom für historische Nachforschungen (Fédération Nationale des Associations de Personnel de la Poste et de France Télécom pour la recherche historique), Nr. 94, Oktober-November-Dezember 2004, S. 75-95.
Webseiten:
https://www.youtube.com/watch?v=Yz4hhs9qCmM ; https://www.youtube.com/watch?v=uy9KXGkdqfM ; http://memoiredeguerre.pagesperso-orange.fr/deportation/56/guillers.htm (Foto).