Andrea Lorenzetti 1907 - 1945
Geboren 26.5.1907 in Ancona
Gestorben 17.5.1945 in Gusen
Biografie
Andrea Lorenzetti wird in eine einfache Familie geboren, der Vater ist Handelsvertreter, die Mutter Hausfrau. Mit 16 Jahren macht er seinen Abschluss als Buchhalter und beginnt sofort, in einer Bank in Ancona zu arbeiten. Nach einigen Jahren zieht er nach Mailand und arbeitet am Crédit Commercial de France, bis er 1934 in das Büro von Antonio Foglia kommt, wo er sich mit Börsenhandel beschäftigt. 1937 wird er zum Prokuristen befördert. Als es anfangs scheint, dass diese Position die Mitgliedschaft in der Faschistischen Partei voraussetzen würde, wäre Andrea bereit gewesen, diese Position abzulehnen.
Die ersten Informationen über seine politische Aktivität im Untergrund gehen auf das Jahr 1942 zurück, als er an Treffen zur Vorbereitung der Neugründung des PSI (Sozialistische Partei Italiens) teilnimmt. Gleich nach dem Waffenstillstand nimmt er im Büro von Antonio Foglia an einer Besprechung mit den Vertretern des sich konstituierenden Befreiungskomitees teil, die zum Ziel hat, die deutsche Besatzung zu verhindern. Ende 1943 ersetzt er Domenico Viotto, Vertreter der PSIUP (Sozialistische Partei der Proletarischen Einheit) beim Befreiungskomitee von Mailand, der gezwungen war, Italien zu verlassen. Zu Beginn des Jahres 1944 wird Lorenzetti zusammen mit Cirenei, Pieraccini und Valcarenghi Mitglied des Zentralkomitees der Partei für Oberitalien. Er kümmert sich hauptsächlich um die Redaktion und Verbreitung der Untergrundzeitung Avanti, die fast jede Woche erscheint, im Ganzen 28 Ausgaben zwischen September 1943 und Mai 1944. Er ist zusammen mit den Genossen des PCI (Kommunistische Partei Italiens) einer der Organisatoren der Streiks vom 1. März 1944. Die harte Repression, die auf die Streikwelle folgt, und wahrscheinlich auch Denunzierungen führen zur Verhaftung der gesamten Spitze des PSI. Andrea wird am 10. März 1944 festgenommen, bleibt bis zum 27. April im Mailänder Gefängnis San Vittore in Isolationshaft und wird dann ins Durchgangslager Fossoli gebracht, wo er bis zu den ersten Augusttagen bleibt. Dann, mit einem Aufenthalt von wenigen Tagen im Lager Bozen, folgt der Transport nach Deutschland. Der Weg endet in einem der schlimmsten Außenlager von Mauthausen, dem Lager Gusen. Andrea schafft es bis zur Befreiung des Lagers am 5. Mai 1945 durchzuhalten. Am 17. Mai stirbt er im Hospital der U.S. Army in Gusen. Kurz vor seinem Tod ruft er seinen brüderlichen Freund Aldo Ravelli und diktiert ihm sein hier wiedergegebenes Vermächtnis:
„Meine Lieben,
alle Aktien sind bei der Banca Privata Finanziaria. Taglioretti und Foglia wissen Bescheid. Ich wünsche, dass Ravelli über die finanzielle Situation informiert wird und dass er gemeinsam mit den ersteren das Geld verwaltet und meiner Frau, meiner Mutter und Schwester übergibt, damit für den kleinen Guido gesorgt ist.
Ich wünsche, dass Guido nach den Grundsätzen erzogen wird, die mein Leben leiteten. Ich bitte meine Lieben, mir den Schmerz zu verzeihen, den ich ihnen zugefügt habe, ich bereue nichts von dem, was ich getan habe, obwohl ich so sehr gelitten habe, ich wäre bereit, wieder von vorne zu beginnen, deshalb bemitleide ich mich nicht.
Ich denke an Euch alle. Ich umarme Euch. Gusen, am 15. Mai 1945
Andrea Lorenzetti“
Kurz nachdem er das Dokument unterzeichnet hatte, starb Andrea.
Guido Lorenzetti
ANED, Sektion Mailand
Guido Lorenzetti ist der Sohn von Andrea Lorenzetti und Mitglied der Associazione nazionale ex deportati (ANED), Sektion Mailand.
Aus dem Italienischen von Camilla Brunelli