Hubert Sarazin 1924 - 1944

Geboren 5.5.1924 in Lunéville
Gestorben 17.3.1944 in Mauthausen

Biografie

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wohnte der ledige Student der Rechtswissenschaften Hubert Sarazin in der Rue de l’Oratoire Nr. 15 in Nancy (Departement Meurthe-et-Moselle). Als er am 2. März 1943 nach seinen Vorlesungen mit Freunden in der Gaststätte „La Viennoise“ verweilte, wurde er zusammen mit weiteren Gästen von den Deutschen verhaftet. Dieselbe Szene spielte sich in zahlreichen Gaststätten von Nancy ab – wurde doch zu diesem Zeitpunkt der „Conseil de révision“ (Revisionsrat) in dieser Stadt abgehalten, bei dem es darum ging, junge Männer in den Arbeitsdienst nach Deutschland zu schicken. In den meisten Fällen wurden auf diese Weise junge Männer, die sich in keiner Weise strafbar gemacht hatten, verhaftet; dies ereignete sich im Rahmen der Operation „Meerschaum“, die sich auf zwei Erlasse stützte: Ziel des ersten von Himmler unterzeichneten Erlasses vom 14. Dezember 1942 war, bis zum 30. Jänner 1943 35.000 arbeitsfähige Männer in Konzentrationslagern zu internieren, wobei diese Frist schlussendlich auf Juni verschoben wurde; der zweite Erlass vom 17. Dezember erging von Müller an die regionalen Gestapo-Abteilungen, um ihnen die Weisungen zu übermitteln. Als der Untersturmführer Christian Von Krogh vom SD Nancy am 24. Oktober 1945 im Rahmen der Verhandlung von Karl Heinrich Von Stulpnagel verhört wurde, gab er zu den in Nancy durchgeführten Aktionen Folgendes an:

„Die Massenverhaftung vom 2. März 1943 war eine Aktion, das heißt eine von Berlin angeordnete Operation, die in allen besetzten Gebieten Europas ausgeführt wurde. Es ging darum, eine große Anzahl Arbeitskräfte für ganz bestimmte Tätigkeiten zu rekrutieren; diese Arbeitsvorgänge konnten ohne weiteres auch von Deportierten durchgeführt werden, deren allgemeiner körperlicher Zustand nicht besonders gut war. […] Der Kommandeur Schmaeling hatte sich nach Paris begeben, wo er mündliche Anweisungen erhielt: Es mussten so viele Männer wie möglich zusammengetrieben werden. Offenbar gab es von anderen Kommandos Einwände, daher erging ein neuer Befehl, mit dem Massenverhaftungen angeordnet wurden. Da Schmaeling aufgefallen war, dass viele junge Männer nicht arbeiteten, wurde nach […] einem Gespräch mit Herrn Dieudonné, dem Leiter des regionalen Polizeiintendanten, vereinbart, mit Hilfe der Wehrmacht alle Ausgänge des Stadtviertels, wie zum Beispiel die Rue de la Hache, zu umstellen. Es wurde das gesamte Stadtviertel umstellt. Die meisten Verhaftungen erfolgten in der Rue de la Hache, in der Rue Notre-Dame sowie in der Rue de l’Équitation, wo die Wahrscheinlichkeit, untätige bzw. arbeitslose Menschen anzutreffen, hoch war. […] Verhört wurde niemand.“

Bis zum 8. März 1943 wurden in Nancy ähnliche Operationen wiederholt. Hubert Sarazin wurde zunächst mit den anderen Verhafteten im Gefängnis Charles III in Nancy interniert. Nach einer Woche, am 9. März, wurde er ins Lager Écrouves überstellt, wo er aber nicht lange blieb, denn bereits am nächsten Tag wurde er ins Frontstammlager 122 von Compiègne Royallieu gebracht. Anscheinend konnten seine Eltern ihn in Compiègne besuchen, oder ihm zumindest Kleidungsstücke zukommen lassen. Ende April 1943 erhielten die ins Departement Meurthe-et-Moselle heimgekehrten Eltern ein Paket mit den Kleidungsstücken ihres Sohnes mit einer im Futter versteckten Botschaft ihres Sohnes: Er teilte ihnen mit, dass er und seine Kameraden nach Deutschland gebracht würden und nur das, was sie am Leib trugen, mitnehmen durften.

Am 20. April 1943 verließ Hubert Sarazin Compiègne mit einer Gruppe von tausend Häftlingen; mindestens 48 waren ebenso wie er Opfer derselben Massenverhaftung geworden. Nach einer dreitägigen Fahrt in Viehwaggons erreichten die Deportierten des zweiten Transports nach Österreich im Rahmen der Operation „Meerschaum“ am 22. April 1943 das Lager Mauthausen. Hubert Sarazin wurde unter der Nummer 28518 registriert. Nach einem Aufenthalt im Quarantäneblock und mehreren Monaten im Zentrallager wurde er am 8. August 1943 ins Außenlager Wiener Neustadt überstellt, wo die Häftlinge für die Raketen-Produktion im Auftrag der Rax-Werke arbeiteten. Nach einem neuerlichen Bombenangriff des Lagers wurde er am 13. November mit weiteren 199 Häftlingen (wovon Dreiviertel Franzosen waren) nach Redl-Zipf (Codename Schlier) evakuiert und einem Hilfsarbeiterposten zugewiesen. Von diesem Lager schrieb er seinen Eltern das letzte Mal. Hubert Sarazin erkrankte zuerst an einer Furunkulose und anschließend an einer Lungenentzündung, worauf er im Revier aufgenommen wurde; Jean Malonie, mit dem er seit der Deportation aus Frankreich ständig zusammen war, folgte ihm sehr bald. Trotz Unterstützung seiner Kameraden, die ihn mit zusätzlichen Lebensmitteln versorgten, besserte sich sein Gesundheitszustand in keiner Weise. Am 7. Februar 1944 wurde er mit etwa 400 geschwächten bzw. kranken Häftlingen ins Zentrallager zurückgebracht, ein Teil von ihnen wurde selektioniert und in Hartheim vergast. Nachdem er gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Pierre Mourot von Saint-Dié (Departement Vosges), mit dem er seit Compiègne sein Schicksal teilte, im Block 7 des Reviers aufgenommen wurde, erkrankte er an der Ruhr; er wurde körperlich noch schwächer und starb am 17. März 1944 im Sanitätslager.

Seine Eltern hatten bis Ende 1944 unzählige Schritte unternommen, um ihren Sohn ausfindig zu machen, insbesondere über die Rechtsabteilung des Generalkommissariats für Sozialwesen (Commissariat Général d’Action Sociale), das für die in Deutschland arbeitenden Franzosen zuständig war; sie wandten sich an die größten Konzentrationslager (Neuengamme, Buchenwald, Sachsenhausen, Dachau, Flossenbürg, Mittelbau) um Auskünfte zu erhalten. Als die ersten Kameraden im Mai 1945 nach Frankreich zurückkehrten, erfuhren sie, dass Hubert tot war.

Am 15. Oktober 1954 erhielt Hubert Sarazin die Auszeichnung Mort pour la France (Für Frankreich gestorben) und den Titel Déporté politique (Politischer Deportierter).

Adeline Lee

Quellen:

SHD (Service Historique de la Défense - Zentrales Archiv des französischen Verteidigungsministeriums und der französischen Armee), Akte MED 21 P 535809, LA 18336 (Auszug einer Liste politischer Internierter des Lagers Ecrouves), LA 7488 (Auszug der Register des französischen Gefängnisses Ecrouves), Ordner Schlier, 41/4, 11/4.

TMP Metz, Einstellung des Strafverfahrens vom 27. Dezember 1949 gegen Karl Heinrich Von Stulpnagel. Protokoll vom 24. Oktober 1945 von Christian Von Krogh, SD, Untersturmführer in Nancy, Leiter VI dessen Leiter in Nancy Hoth war.

Position im Raum