Karl Reindl 1913 - 1945
Geboren 20.2.1913 in Linz
Gestorben 28.4.1945 in Mauthausen
Biografie
Karl Reindl war mein Onkel, seine Frau Theresia war die Schwester meines Vaters. Er gehörte zu den 42 Antifaschisten, die noch am 28./29. April 1945 auf Befehl des Gauleiters von Oberdonau, August Eigruber, vergast wurden. Es sollten nach dem Krieg keine aufbauwilligen Kräfte vorhanden sein.
Persönlich habe ich an ihn nur eine verschwommene Erinnerung: Ein stattlicher Mann mit dunklen Augenbrauen, der mir in einem Garten Kaninchen gezeigt hat. Bei Kriegsende war ich fast acht Jahre alt, da habe ich dann schon bei den sonntäglichen Familientreffen die Gespräche und Erzählungen mitbekommen. In Erinnerung ist mir geblieben, dass Onkel Karl schon früher aufgefallen ist, weil er als Eisenbahner Menschen in Viehwaggons heimlich Wasser zukommen ließ.
Viel später habe ich Fakten gesammelt: Aus einer Haftbescheinigung der Polizeidirektion Linz geht hervor, dass er gleich nach dem „Anschluss“ zweimal als Schutzhäftling und „vom 11.11.1944 bis 13.11.1944 wegen KP Betätigung für die Geheime Staatspolizei im hiesigen Polizeigefängnis inhaftiert und am 13.11.1944 von hier in das KZ. Mauthausen überstellt wurde.“
In einer „Eidesstattlichen Erklärung“ aus der Nachkriegszeit heißt es: „Der ehem.pol. Häftling, Herr Josef Binder, geb. 31.12.1894, wohnhaft […], erklärt an Eides statt, dass Herr Karl Reindl, geb. 20.2.1913, in Linz, am 29.4.1945 über Auftrag Eigrubers, um cirka 16 Uhr Nachmittag, im KL. Mauthausen vergast wurde.“
Onkel Karl war von Beruf Konditor. Aus seinem „Wanderbuch für die oberösterreichischen Herbergen für reisende Arbeitssuchende“ geht hervor, dass er von April 1933 bis Ende April 1934 arbeitslos war. Er „reiste“ damals durch fast ganz Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und bis Tirol. Eine Unterbrechung gab es von August 1933 bis März 1934. Daher konnte er sich auch an den Februarkämpfen 1934 in Linz beteiligen. Das bezeugen einige Ansichtskarten von Kameraden, die in die Sowjetunion geflüchtet sind. Er war dann bei der Reichsbahn beschäftigt und auf Strecken in Polen eingesetzt.
Da in der Kriegszeit die meisten Männer an der Front waren, leisteten die in Betrieben wie der Tabakfabrik, Schiffswerft oder der Eisenbahn unabkömmlichen Arbeiter – und besonders die Frauen – wichtige illegale Arbeiten.
Durch Verrat gab es im September 1944 eine große Verhaftungswelle, die in der oberösterreichischen illegalen Kommunistischen Partei, in Linz, Wels, Steyr bis ins Salzkammergut und Aussee, wütete. Als die Gestapo im September zu meiner Tante Resi kam, gab es gerade einen Fliegeralarm, sodass die drei Gestapomänner sofort Reißaus nahmen. Sie war sich sicher, dass man ihr nichts nachweisen konnte, weil man wusste, dass Max Grüll, der Genosse, mit dem sie zusammen gearbeitet hatte, bereits in Mauthausen erschlagen worden war und sie offenbar nicht belastet hatte. Zu ihrem Schrecken kam Karl Reindl im Oktober 1944 für drei Tage nach Hause. Offiziell, um Winterwäsche zu fassen. Gesehen hat ihn damals der Blockwart. Da es sich als zu schwierig herausgestellt hatte, zu den Widerstandskämpfern ins Salzkammergut zu gelangen, wollte er wieder zu seiner Dienststelle, um dann in Polen überzulaufen. Resi hat ihn noch zum Bahnhof begleitet. Dort sah ihn der Vorstand und rief: „Reindl, du wirst ja schon lange vermisst!“ Wer ihn verraten hat, hat man nie erfahren.
Tante Resi wurde am 23. Oktober 1944 verhaftet, kam in die Frauengefängnisbaracke am Hühnersteig (Kaplanhof), wurde von dort nach Mauthausen zum Verhör gebracht, überlebte den schrecklichen Bombenangriff vom 31. März 1945 und wurde mit den anderen überlebenden Frauen ins Arbeitserziehungslager Schörgenhub gebracht. Dort entkam sie knapp dem Befehl Eigrubers, weil Leitung und Bewachung vor den anrückenden Amerikanern flüchteten. Ihre Freundin Gisela Tschofenig, Risa Höllermann, eine unbekannte Jüdin und drei Männer wurden noch am 27. April 1945 ermordet. Ich erinnere mich bis heute an eine kahle Stelle in einer Wiese, die das Grab meiner Tante werden sollte.
Margit Kain
Margit Kain ist die Nichte von Karl Reindl, seine Frau Theresia war die Schwester ihres Vaters. Sie ist die Witwe des Schriftstellers Franz Kain (1922–1997), der in seiner Novelle Maria-Lichtmess-Nacht als erster österreichischer Autor die Ereignisse der „Mühlviertler Hasenjagd“ literarisch bearbeitet hat.
Position im Raum

