Attilio Rizzo 1891 - 1945

Geboren 16.3.1891 in Villadose
Gestorben 5.1.1945 in Mauthausen

Biografie

Attilio Rizzo wurde am 16. März 1891 in Villadose in der Provinz Rovigo geboren. Im Ersten Weltkrieg geriet er in Gefangenschaft und kam in ein Kriegsgefangenenlager in Braunau am Inn, dem Geburtsort von Hitler. Von dort brachte man ihn nach einem missglückten Fluchtversuch in das Kriegsgefangenenlager Mauthausen. Mehr als 20 Jahre später sollte er in dem ebenfalls in Mauthausen errichteten Konzentrationslager sterben.

1919 übersiedelte er nach San Donà, wo er für kurze Zeit in der Gemeinde als Vermessungstechniker arbeitete, bevor er schließlich ein eigenes Büro aufmachte. Er heiratete Tecla Guzzon, die ihm sechs Kinder schenkte: Arturo, Lena, Leandro, Mario, Emilio und Tiziano. Rizzo hatte auch eine leitende Position in verschiedenen katholischen Verbänden.

Bereits zu Beginn des Jahres 1940 organisierte er ein erstes Treffen im Pfarrhaus von Passarella mit einigen lokalen Persönlichkeiten, die seine antifaschistische Einstellung teilten. Es handelte sich um Männer aus verschiedenen politischen Lagern, die in der Geschichte des Widerstands in der Gegend des Basso Piave zu charismatischen Anführern oder Mitgliedern von verschiedenen politischen und militärischen Organen des lokalen Partisanenkampfs wurden. Bereits 1943 trat er der DC (Democrazia Cristiana) bei. Unmittelbar nach dem Waffenstillstand nahm er gemeinsam mit anderen Antifaschisten an Sitzungen teil, deren Ziel die Organisation der Resistenza in der Region Venetien war. Er errichtete ein Netz der Solidarität zwischen den Gemeinden des Basso Piave und knüpfte mit Hilfe von zuverlässigen Boten Kontakte und Verbindungen nach Venedig und Treviso. Er gründete die im Gebiet von San Donà aktive Brigade Eraclea, deren Kommandant er wurde. Im Dezember 1943 wurde er im Palazzo Papadopoli in der Nähe der Piazzale Roma in Venedig das erste Mal verhaftet und in das Gefängnis Paolotti nach Padua gebracht. Am 28. Jänner 1944 kam er wieder frei. Nach seiner Freilassung nahm er in den lokalen Partisanenorganisationen erneut die Zügel in die Hand und kümmerte sich weiterhin um die Kontakte mit den führenden Organen der Provinzen und Regionen und um die Propaganda. Er arbeitete an der [militärischen] Mission Argo mit, die den wichtigen Abwurf von Fracht für die Partisanen von San Donà di Piave und Umgebung in den ersten Tagen des Monats Juli durch die Alliierten plante. Aufgrund seiner Verwicklung in die Mission Argo wurde er Mitte August neuerlich verhaftet und nach Venedig ins Gefängnis Santa Maria Maggiore gebracht, von wo er am 5. Oktober nach Bozen deportiert wurde. Am 7. November kam er schließlich nach Mauthausen. Er verstarb in Gusen am 5. Jänner 1945. Nach seiner Gefangennahme durchlebte die von ihm gegründete Partisanenformation kritische Momente. Im März 1945 wurde sie mit dem Namen Brigade Piave neu gegründet und leistete einen entscheidenden Beitrag zum Aufstand.

Brief an Frau Diomira vom 23. Oktober 1944 aus dem Lager Bozen, zwei Wochen vor seiner Deportation nach Mauthausen:

„Bozen, 23.10.1944

Sehr geehrte Frau Diomira,

tausend Dank an Sie und insbesondere an Silvia für die nette Aufmerksamkeit und die Mühe, die sie sich in diesem schwierigen Moment gemacht hat.  Die dicken Strümpfe und der Pullover sind sehr wertvoll, Brot und Obst sind hervorragend. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie meiner Familie eine Nachricht zukommen lassen könnten. Ich fürchte, dass meine Familie noch nicht weiß, wo ich bin. Ich habe bereits dreimal geschrieben und noch keine Antwort erhalten. Soviel ich weiß, wurde S. Donà von dem Bombenangriff vom 13. des vergangenen Monats schwer zerstört. Ich mache mir viele Sorgen deswegen und meine Sorgen wachsen von Tag zu Tag und ich befürchte irgendein Unglück.

Ich bin bei guter Gesundheit, wofür ich dem Herrgott danke. Das hier ist ein „Durchgangslager“, weswegen wir in der kommenden Woche von hier wegkommen werden. Ein Großteil wird nach Deutschland kommen, wo man wie hier weiterarbeiten wird oder in irgendeiner Fabrik. Ich hoffe, dass ich dann von daheim den dicken Wollanzug bekommen werde, mit den Handschuhen, sofern mein erster Brief vom 7. dieses Monats überhaupt angekommen ist. Ich bin nach wie vor so angezogen wie am 14. August, als man mich in San Donà verhaftet hat.

So viel Schmerz in meiner Familie! Und Toni? Wie lange schreibt er schon nicht? Wo ist er? Liebe Grüße an Gigi und an Silvia. Und Ihnen meine Liebe danke ich nochmals und sende Ihnen meine Wertschätzung und die allerbesten Wünsche für Ihre Familie

Attilio Rizzo

Konzentrationslager

Block B. Nr. 4886

Bozen”

 

Morena Biason

INMSLI – Istituto Nazionale per la Storia del Movimento di Liberazione in Italia, Mailand

Position im Raum