Gracco Spaziani 1884 - 1945

Geboren 18.5.1884 in Lonigo
Gestorben 9.2.1945 in Mauthausen

Biografie

Gracco Spaziani besucht das humanistische Gymnasium in Verona und erwirbt den Studienabschluss in Rechtswissenschaften an der Universität Bologna. Von 1909 bis 1919 ist er Gemeindesekretär in Correzzo (Verona) und bis 1923 in Casteldario (Mantua). Er verliebt sich in die Bauerntochter Giuseppina Sardini und heiratet sie, sie bekommen vier Töchter und einen Sohn.

Die Leidenschaft für die Politik bringt ihn noch sehr jung im Jahre 1913 dazu, der sozialistischen Partei beizutreten. Während des Ersten Weltkrieges riskiert er eine Anklage wegen Wehrkraftzersetzung vor dem Militärgericht: Er war der Einzige gewesen, der sich gegen die Ermordung eines Soldaten aufgelehnt hatte, der wegen verspäteter Rückkehr aus dem Urlaub zum Tode verurteilt und gezwungen wurde, neben seinem eigenen Sarg durch den Ort zu marschieren.

Er verleiht von Anfang an seiner Opposition gegenüber dem Aufstieg Mussolinis Ausdruck. Die faschistischen Trupps, die auch in Casteldario aktiv sind, bedrohen und bekämpfen ihn systematisch, bis er nach dem Sieg Mussolinis, im Dezember 1923, aus seiner Anstellung entlassen wird. Er kehrt in den väterlichen Ort Isola della Scala zurück, wo er ein Anwaltsbüro eröffnet und seinen Beruf seinen Idealen entsprechend ausübt. In diesen schwierigen Jahren der finanziellen Not verteidigt er viele einfache Leute ohne Honorar, denn nur diese melden sich bei ihm wegen seiner bekannten politischen Ideen; außer der allgemeinen Wertschätzung verdient er dadurch nur ein paar Lebensmittel.

1926 erfährt er seine erste „Schutzhaft“: drei Tage Gefängnis wegen eines Aufenthalts von Mussolini in der Gegend von Verona. 1930 noch eine Verhaftung: Die Polizei beschlagnahmt „subversive Untergrund-Publikationen“ darunter Idee sociologiche e politiche di Dante, Nietzsche e Tolstoj (Soziologische und politische Ideen von Dante, Nietzsche und Tolstoi) und Gli orrori del militarismo (Die Schrecken des Militarismus) von Lew Tolstoi … Vom Gefängnis Verona wird er nach Udine überstellt und, zusammen mit seinen Brüdern Leonida und Elio, wegen Beteiligung an der aufgelösten Kommunistischen Partei beim Sondergericht angezeigt. Aufgrund fehlender Beweise wird er nach drei Monaten wieder frei gelassen, wird aber im Casellario Politico Centrale (zentrales Register für politische Gegner) erfasst und aufgefordert, „sich nicht mit Subversiven zusammen zu tun und sich überhaupt nicht mehr für Politik zu interessieren“. Seitdem wird seine Wohnung ständigen Durchsuchungen unterzogen.

Wenige Tage nach der deutschen Besatzung nimmt er mit seinen Brüdern am 26. September 1943 an einer Versammlung von Veroneser Antifaschisten teil, um eine oppositionelle politisch-militärische Untergrundbewegung gegen Nazis und Faschisten zu organisieren: Es handelt sich um den ersten Kern der Widerstandsbewegung in Verona, der aufgrund von Verhaftungen zerfällt.

Im Frühjahr 1944 vereint er Vertreter aller politischer Parteien und gründet das Nationale Befreiungskomitee von Isola della Scala, das die Partisanenbrigade „Anita“ kommandiert, die mit der militärischen Mission RYE in Kontakt steht, die wiederum mit den angloamerikanischen alliierten Streitkräften in Verbindung steht. Er betreibt Propaganda, stellt Geldmittel auf und unterstützt alliierte Gefangene wie auch Familien von Verfolgten. Spaziani wird der ideale Verbindungsmann für die gesamte Region südlich von Verona. Nach einer Denunziation wird die ganze Gruppe jedoch verhaftet.

Am 22. November stürmt die Miliz der Schwarzen Brigaden das Haus des Rechtsanwalts Spaziani und verhaftet ihn zusammen mit seinem jüngsten Sohn Fabio. Mit weiteren neun Mitgliedern des Komitees wird er zum nahe gelegenen deutschen Kommando geführt. Er wird einige Wochen in Verona gefangen gehalten, zunächst bei den „Schwarzen Brigaden“, später bei der SS, und Verhören und schwerer Folter ausgesetzt. Er wird dann in das Konzentrationslager Bozen überstellt, wo er am 2. Jänner 1945 seiner Familie den letzten Brief schreibt. Er wird schließlich nach Mauthausen deportiert, wo er am 9. Februar in der Gaskammer endet, nachdem sein Arm infolge der Folterungen brandig geworden ist.

Nach der Befreiung wird er posthum zum Ersten Bürgermeister von Isola della Scala ernannt.

Massimo Valpiana / Gracco Spaziani

ANED, Sezione Verona

 

Gracco Spaziani und Massimo Valpiana sind Mitglieder der Associazione nazionale ex deportati (ANED), Sektion Verona.

 

Aus dem Italienischen von Camilla Brunelli

 

Literatur:

Piero Caleffi: Si fa presto a dire fame (Mailand 1954), S. 190.

Ortensia Spaziani: Scarpe rotte eppur bisogna andar (Verona 1997 [1976]).

Massimo Valpiana: Gracco Spaziani (http://lists.peacelink.it/nonviolenza/2006/01/msg00041.html).

Maurizio Zangarini: Storia della Resistenza veronese (Caselle di Sommacampagna [VR] 2012).

Verschiedene Autoren: Le periferie della memoria, Anppia – Movimento Nonviolento (Turin/Verona 1999).

Position im Raum