Marian Wiewiórkowski 1910 - 1941
Geboren 7.8.1910 in Opatówek
Gestorben 6.4.1941 in Gusen
Biografie
Ab 1937 war mein Großvater Leiter der Post in Opatówek nahe Kalisz gewesen.
Er war in Opatówek und in Kalisz eingesperrt und wurde ins Konzentrationslager Dachau und danach ins KZ Gusen deportiert. Gemeinsam mit ihm wurden sein Bruder Aleksander Wiewiórkowski sowie sein Schwager Zygmunt Gadzinowski verhaftet und deportiert.
Mein Großvater glaubte an die Kraft der polnischen Armee, die unterzeichneten Allianzen und das frühe Ende des Krieges.
Als die Deutschen in der Morgendämmerung an die Tür klopften, bat meine Großmutter meinen Großvater sein Leben zu retten, deshalb überlegte er kurz zu fliehen ... Ihre kleine Tochter Beata war bereits auf der Welt und das zweite Kind sollte in Kürze geboren werden. Aber mein Großvater wollte nichts von Flucht hören. Es war September 1939 ... Mein Großvater war für eine kurze Zeit in Szczypiorno inhaftiert, dann wurde er am 19. April im KZ Dachau registriert, wo er die Häftlingsnummer 6098 bekam.
Als die ersten Nazi-Truppen Opatówek am 4. September 1939 erreichten, waren die Deutschen schon gut darauf vorbereitet, die Verwaltung zu übernehmen. Seit mehreren Wochen erhielten Personen deutscher Herkunft eine entsprechende Ausbildung ... Sie erstellten ebenfalls eine Liste der Polen, die sofort verhaftet werden sollten, weil deren Geisteshaltung, Wissen, Bildung oder Intellekt nach Ansicht der Besatzer die Germanisierung gefährdeten.
„Einige Bewohner von Opatówek deutscher Nationalität sind unter anderem nach Łódź zum antipolnischen Training gefahren, und im September 1939 waren sie bereit, die deutsche Verwaltung in den besetzten Gebieten zu übernehmen. Es wurde eine Liste von für das Dritte Reich ‚besonders gefährlichen‘ Polen aufgesetzt. Auf ihr waren vor allem Aktivisten des sozialen und kulturellen Lebens sowie Gymnasiasten und Studierende angeführt, die oft als ‚fanatische Polen‘ bezeichnet wurden. Auf dieser Liste befanden sich auch Bewohner von Opatówek.“ (Zitiert nach Bibliothek in Opatówek)
Die für die Verhaftung vorbereitete Liste stammt aus dem Buch W kręgu miasteczka Róży Wiatrów-Opatówek wczoraj i dziś (Die Umgebung von Róża Wiatrów-Opatówek gestern und heute) von J. Miluśka-Stasiak. Die Notiz über meinen Großvater lautete folgendermaßen: „Marian Wiewiórkowski – Beamter – obwohl er politisch nicht aktiv ist, war Mitglied der damaligen Regierungspartei. Durch seine Teilnahme an den Geheimtreffen der polnischen Bevölkerung muss er als politisch verdächtig und gefährlich eingestuft werden.“ Solche Treffen fanden tatsächlich statt.
Vom KZ Dachau wurde Marian Wiewiórkowski nach Gusen transportiert und erhielt dort die Häftlingsnummer 4769. Die Briefe meiner Großmutter waren adressiert an Marian Wiewiórkowski, Block 15, Stube A und Block 8, Stube B. Mein Großvater schrieb nur wenige Briefe aus dem KZ Mauthausen, meine Großmutter behielt alle als Andenken …
Am 28. Juli 1940 schrieb mein Großvater aus dem KZ Mauthausen/Gusen: „Meine geliebte Maria ... ich habe den Brief vom 20. Juni bekommen. Ich bin froh, dass du bei Olesia[1] und Beata bist... Ich würde so gerne unsere jüngste Tochter sehen.“
Schreiben vom 22. September 1940 aus dem Block 15: „Ich bin etwas krank. Ich schreibe keine Briefe und werde nicht schreiben. Ist deine Mutter ...“ Der Brief wurde unten abgeschnitten. Höchstwahrscheinlich wurde er zensiert und die verbotenen Informationen wurden weggeschnitten.
Und der letzte Brief aus Gusen vom 30. März 1941 „Geliebte Frau und Mutter! Den Brief und das Geld habe ich bekommen. Es geht mir gut. Zu Ostern sende ich euch meine besten Wünsche. Ich grüße Euch herzlich. Euer Marian.“
Der Brief von meiner Großmutter, den sie im April 1941 abgeschickt hatte, erreichte ihn nicht mehr. Das Schreiben meiner Großmutter wurde an sie zurückgeschickt. Meine Großmutter hatte geschrieben:
„Lieber Marian, ich habe Deinen Brief vom 25. März erhalten ... Mach Dir keine Sorgen. Wir stehen alles durch, nur Du fehlst uns. Wir sind alle gesund. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie groß unsere Töchter sind. Beatka spricht nur über Dich. Sie beherrscht bereits das Vaterunser und betet für Deine, Olesias und ihre Gesundheit. Sie sagt auch, dass sie ihren Vater sehr lieb hat. Sie ist ein wenig ungehorsam und braucht ihren Vater. Wir senden Dir Geld, vielleicht brauchst Du mehr. Beatka bittet uns zu schreiben, dass sie Dir einen dicken Kuss schickt. Wir wünschen Dir ein gesundes Osterfest, Herzliche Grüße und Küsse – Deine Marysia mit den Kindern und der ganzen Familie.“
Der Bruder meines Großvaters, Aleksander Wiewiórkowski, überlebte das Lager. Er war vor dem Krieg Metzger, deshalb wurde er im Lager zur Arbeit mit Lebensmitteln zugewiesen. Aus seinen Erzählungen wissen wir, dass unser Großvater trotz einer Erkrankung zur Arbeit eingeteilt worden war. Er fand ein Stück von einer Papiertüte. Er steckte es in seinen Ausschnitt ... Das aber entdeckte sein Vorgesetzter und verhängte eine schwere Strafe. Er wurde misshandelt, geschlagen ... Er starb an den Folgen dieser Schläge.
Meine Mutter lernte ihren Vater niemals kennen. Ich kenne ihn nur aus den Erzählungen meiner Großmutter. Ich erinnere mich an die Worte, die mein Großvater zu meiner Großmutter kurz vor seiner Verhaftung sagte: „Marysia, wenn ich gewusst hätte, dass wir so glücklich sein würden, hätte ich früher um deine Hand angehalten ...“ Leider hat dieses Glück nur zwei Jahre angedauert – bis Kriegsbeginn. Meine Großmutter scherzte, dass es ihnen in zwei Jahren gelungen wäre, zwei Kinder zu haben, sodass sie diese glückliche Zeit zur Gänze ausgenützt hätten.
Mein Großvater war ein schöner, gut aussehender Mann. Er liebte das Leben, das Wandern in den Bergen …
Dominika Pawlikowska
Dominika Pawlikowska ist die Enkelin von Marian Wiewiórkowski.
Aus dem Polnischen von Katharina Czachor
[1] Hier geht es um meine Mutter Aleksandra Adamczyk aus dem Hause Wiewiórkowski.
Position im Raum

