Victoriano Estalayo Montes 1913 - 1941
Geboren 23.1.1913 in Rozas de Valdearroyo (Las)
Gestorben 30.11.1941 in Gusen
Biografie
„Von Kantabrien nach Mauthausen – eine Reise ohne Rückkehr“
Victoriano Estalayo kam am 23. Jänner 1913 um zwei Uhr morgens im Elternhaus in Las Rozas de Valdearroyo im Landkreis Campoo (Santander) auf die Welt. Seine Eltern waren Santiago Estalayo Díez und Francisca Montes Crespo (Dok. 1). Er verbrachte seine Kindheit und Jugend mit seinen Eltern und Geschwistern in seinem Geburtsort. Victoriano erlernte den Bäckerberuf. Aus seinen tiefen menschlichen und sozialen Prinzipien heraus schloss er sich sehr jung der Vereinigten Sozialistischen Jugend an. Bei Ausbruch des Bürgerkriegs meldete er sich freiwillig beim Milizkommando Santander der republikanischen Armee. Er war 23 Jahre alt (Dok. 2). Von Juli 1936 bis August 1937 kämpften Tausende Männer, darunter Victoriano, im kantabrischen Gebirge. Dabei erlebten die Soldaten tragische, schicksalsträchtige Ereignisse. Victoriano Estalayo diente in einer Panzerkompanie, die der republikanischen Nordarmee angehörte. Er wurde zuletzt von einem direkten Familienangehörigen gesehen, als seine Schwester Herminia am 1. Mai 1937 in einen Zug nach Reinosa einstieg. Dort befand sich zur gleichen Zeit ein Bataillon der republikanischen Armee mit Victoriano, das auf einen anderen Zug zur Kriegsfront wartete. Davor war er verwundet worden und im Krankenhaus in Oscura (Asturien) genesen (Dok. 3). An das zufällige Treffen der Geschwister erinnerte sich Herminia tief gerührt. Sie beschrieb konkrete Details wie die Uniform und die umgehängte Decke, mit denen Victoriano an die Front zog. Sie begegneten einander nie wieder. Als Trost diente Herminia ein Foto ihres Bruders, das immer auf ihrem Nachtkasten stand und das sie ständig abküsste (Dok. 4). Die Nordfront zog sich durch Berggebiet entlang des Kantabrischen Gebirges, deren höchste Gipfel von den Regierungstruppen beherrscht wurden und diesen einen Stellungsvorteil boten. Die Frontlinie verlief südlich von Reinosa bis zum Escudo-Pass und formte einen Bogen zwischen Barruelo de Santullán, Aguilar de Campoo und Soncillo, der die Vorhut in das kastilische Hochland bildete, wo sich der Großteil der Truppen der regierungstreuen republikanischen Armee konzentrierte. Langfristig wurde dieser schwer zu verteidigende Bogen, der an Nachschubproblemen litt, zu einer Falle. Bald war die aufständische Seite den Regierungstruppen der Republik körperlich und moralisch überlegen. Die Stimmung verfiel umso mehr, als die ersten Gerüchte aufkamen, die sich mit der Zeit als richtig herausstellten, dass hohe baskische Regierungsvertreter seit Juni über die Kapitulation ihrer Truppen vor den Italienern verhandelten, die am 24. August in den Abschluss des „Pakts von Santoña“ und die Zusammenführung der Kampfeinheiten des Euzko Gudarostea in besagtem kantabrischen Ort mündete. Am 26. August 1937 drangen um 8 Uhr Einheiten der IV. Brigade von Navarra und der Division Littorio nach Santander vor, wo sie zu Mittag einmarschierten.
KRIEGSGEFANGENSCHAFT VON VICTORIANO ESTALAYO MONTES. Nach dem Fall Santanders geriet Victoriano Estalayo Montes im August 1937 in Kriegsgefangenschaft und wurde danach in ein Kriegsgefangenenlager zur Klassifizierung gebracht. Nach einiger Zeit wurde er in das 21. Arbeiterbataillon in León eingeteilt.
VICTORIANOS ÜBERSTELLUNG NACH LLEIDA. Später wurde er einem Verwaltungsbataillon nach seinem Beruf als Bäcker zugeordnet und gehörte der Bäckereisektion der 4. Kompanie des 110. Arbeiterbataillons an, das in der Provinz Lleida bei der Ebro-Front stationiert war. Nach eigener Darstellung in einem Brief an seine Familie wurde er Ende April 1938 nach Lleida gebracht.
BRIEF VON VICTORIANO AN SEINE MUTTER UND FAMILIE. Am 29. Juni 1938 schrieb Victoriano seinen letzten (bekannten) Brief (Original bei Fernando R. Estalayo aufbewahrt), wo er seine Familie zu beruhigen versuchte und von seinem „guten Zustand“ berichtete (Dok. 5).
VICTORIANO ESTALAYOS ÜBERLAUF ZUR REPUBLIKANISCHEN ARMEE (Dok. 6). Schließlich beschloss er sich abzusetzen und zu den republikanischen Truppen im Abschnitt des Flusses Segre überzulaufen, wofür er am 7. Juli 1938 um fünf Uhr morgens den Fluss „mit dem Wasser bis zur Taille“ in Begleitung zweier weiterer Gefangener durchwaten musste. Aus den Details des Briefes, den er am 29. Juni 1938 an seine Familie von Lleida aus schickte, geht hervor, dass dieser Übertritt zur republikanischen Seite ideologisch motiviert war, da seine persönliche Lage als Bäcker in der Bäckereisektion der 4. Kompanie des in der Provinz Lleida nahe der Ebro-Front stationierten 110. Arbeiterbataillons nach eigenen Angaben nicht misslich war, zumal er „von Geschenken für die Kleinsten in der Familie sprach, die er ihnen bald übergeben wollte“ und sein körperlicher Zustand auf dem Foto ausgezeichnet scheint (Dok. 4 u. 5). Seine politischen und sozialen Ideale führten ihn erneut zu einem entscheidenden Schritt für sein Leben und seine Zukunft, indem er durch die Kriegsfront zu den Truppen der Spanischen Republik überlief (X-959, Y-787). Laut eigener Aussage gegenüber dem Sektionsleiter der 56. Marinebrigade der gemischten Division beschloss er, am 7. Juli 1938 um fünf Uhr morgens den Fluss mit dem Wasser bis zur Taille unter Lebensgefahr zu durchwaten und zur republikanischen Seite überzulaufen (Dok. 6). Die Information der Flüchtigen war für die Kenntnis der Strategie des Feindes sowie die Lage, Zusammensetzung und letzten Bewegungen der Franco-Truppen grundlegend. Seiner Aussage ist zu entnehmen, „dass seine Bäckereieinheit der Kompanie des in Lleida stationierten 11. Arbeiterbataillons angehört, die aus 35 Bäckern besteht. Der Großteil des spezialisierten Personals der Arbeitsbataillone wird bei der Befestigung und Reparatur von Straßen eingesetzt und steht unter dem Befehl von Unter- und Verwaltungsoffizieren. Die Versorgungslager befinden sich im Hauptbahnhof von Aba und in Bahnhöfen in Zaragoza, von wo aus die Lebensmittel per Bahn versendet werden.“
VICTORIANOS TEILNAHME AN DER SEGRE-SCHLACHT IN DER 178. GEMISCHTEN BRIGADE.
Als Segre-Schlacht sind die verschiedenen Kampfhandlungen bekannt, die entlang der Verteidigungslinie stattfanden, die den Flüssen Segre und Noguera Pallaresa zwischen April 1938 und Jänner 1939 folgte (Dok. 7). An dieser Front kam es zu heftigen Gefechten mit Tausenden Gefallenen, besonders auf republikanischer Seite. Die Front hielt neun Monate, fünf Monate länger als die Ebro-Schlacht. Der erbitterte Widerstand der republikanischen Truppen entlang des Segre ermöglichte es, Katalonien ein weiteres Jahr von der Franco-Herrschaft freizuhalten. Nach der Ebro-Schlacht waren die Ebro-Truppen vollständig erschöpft und abgenützt, während die Truppen des Ostheeres die Offensive mehrere Wochen lang aufhalten konnten. Anfang 1939 brach jedoch der Widerstand zusammen und leitete den langen Weg ins französische Exil ein.
BEFÖRDERUNGEN UND RÄNGE DES JUNGEN VICTORIANO IN DER REPUBLIKANISCHEN ARMEE, VICTORIANOS BEFÖRDERUNG ZUM UNTEROFFIZIER AM 22. OKTOBER 1938 (Dok. 8).
BEFÖRDERUNG VICTORIANOS ZUM LEUTNANT AM 19. JÄNNER 1939 (Dok. 9).
VICTORIANOS EXIL IN FRANKREICH.
Angesichts des endgültigen Einbruchs der Ebro-Front verordnete die republikanische Regierung am 22. Jänner die Evakuierung von Barcelona, worauf ein massiver Rückzug der Zivilbevölkerung und Streitkräfte zur französischen Grenze begann. Im März 1939 ging Victoriano nach Frankreich, auf der Flucht vor der gewissen Repression durch das Franco-Regime, da er für die Republik gekämpft hatte und den Grad eines Leutnants innehatte. Im Nachbarland wurde Victoriano in mehreren Flüchtlingslagern festgesetzt, und mit ihm eine halbe Million Männer, Frauen und Kinder, die ins Exil geflohen waren. Von den französischen Behörden wurden sie wie regelrechte Verbrecher behandelt. Nach den Durchgangslagern, in denen man Männer von Frauen trennte, wurden die Menschenmassen in Lager auf offenem Gelände gebracht, die von Stacheldrahtzäunen umgeben und von senegalesischen Kolonialsoldaten bewacht wurden. Fast die Hälfte der Flüchtlinge wurden auf den Stränden nahe der katalanischen Grenze zusammengepfercht. Victoriano kam ins Flüchtlingslager Argelès-sur-Mer, das die französische Regierung auf dem Strand am Mittelmeer errichtet hatte, um einen Teil der 550.000 spanischen Flüchtlinge unterzubringen. Die Zahl der auf diesem Areal festgehaltenen Menschen wird auf etwa 100.000 geschätzt.
EINSATZ VON VICTORIANO ESTALAYO IN FRANKREICH BEI DER SPANISCHEN ARBEITERKOMPANIE.
An die 60.000 Spanier schlossen sich einer ausländischen Arbeiterkompanie (CTE) an, so auch der Kantabrer Victoriano Estalayo. 11. ARBEITERKOMPANIE (CTE). Sein erstes Ziel waren die französischen Alpen, wo er beim Brücken- und Straßenbau eingesetzt wurde, wie ein Leidensgenosse in verschiedenen Briefen an seine Familie berichtete. Anhand dieser Schreiben geht auch hervor, dass er später nach La Condamine (Elsass) zur Befestigung der Maginot-Linie kam. Ende 1939 wurde er an den Bau von Befestigungen entlang der französisch-deutschen Grenze entsandt.
SCHLACHT VON DUNKERQUE (1940).
Die Schlacht von Dunkerque war eine Militäroperation an der französischen Ärmelkanalküste während des 2. Weltkriegs zwischen den Alliierten und Nazi-Deutschland. Die Kampfhandlungen ereigneten sich im Zuge des Westfeldzuges und gipfelten in der Verteidigung der Stadt und der Evakuierung der britischen und alliierten Truppen aus Kontinentaleuropa zwischen dem 26. Mai und dem 4. Juni 1940. Die etwa 100.000 Spanier, die den französischen Militär- bzw. militarisierten Einheiten angehörten, gehörten zu den Ersten, die dem deutschen Angriff ausgesetzt waren. Die spanischen Gefallenen gingen in die Tausende. Spanier aus acht Arbeiterkompanien erlebten das Drama von Dunkerque, die meisten fielen bei der Verteidigung der Stellungen in Bray-les-Dunes, während sich die britischen und insbesondere französischen Alliierten die Plätze in den Evakuierungsschiffen regelrecht mit Waffengewalt erkämpften. Die ca. zehn- bis zwölftausend gefangen genommenen Spanier wurden als Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht. Da sich die Vichy-Regierung weigerte, sie als französische Kriegsgefangene anzuerkennen, und diese den Deutschen freiwillige Arbeit verwehrten, wurden sie in die ‚Todeslager‘ geschickt. Nach dem deutschen Angriff im Mai 1940 wurde Victoriano Estalayo von der Wehrmacht gefangen genommen und zunächst auf französischem Gebiet inhaftiert, bevor er in das Stalag XII-D in Trier überstellt wurde.
VICTORIANOS VERHAFTUNG DURCH DIE SS UND ÜBERSTELLUNG NACH TRIER (Dok. 10).
In diesem Dokument der Staatspolizei Trier steht: „Am 23.5.41 kam Victoriano Estalayo ins Konzentrationslager Trier, wo ihm die Kriegsgefangenennummer 325 zugewiesen wurde.“ Es ist bemerkenswert, dass er zwar als Kriegsgefangener eingeteilt wurde, als solcher jedoch nicht unter die Genfer Konvention fiel, zumal er Leutnant war. Nach einigen Tagen wurden die spanischen Gefangenen ins Stalag XIII-A in Nürnberg gebracht. Die Gestapo-Beamten brachten sie in eigenen Blöcken unter, von den restlichen Häftlingen getrennt, und knapp einen Monat später wurden sie in ein weiteres Stalag, VII-A bei Moosburg überstellt. Sie wurden als Mitglieder einer Militäreinheit gefangen genommen, erhielten im Stalag eine Nummer als Kriegsgefangene, und als sie als ‚Rotspanier‘ deportiert wurden, waren sie nicht mehr Kriegsgefangene. Darüber hinaus wurde ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt (das blaue Dreieck, das sie in Mauthausen trugen, wies sie als ‚Staatenlose‘ aus). Paradoxerweise war auf diesem Dreieck ein weißer Buchstabe zu lesen: S wie Spanier. Der Aufenthalt im Stalag war von kurzer Dauer. Victoriano kam am 28. Juni 1941 ins Konzentrationslager Mauthausen, wo ihm die Gefangenennummer 5160 zugewiesen wurde.
ANKUNFT IM KZ MAUTHAUSEN 1941 (Dok. 11).
An diesem unheilvollen 28. Juni 1941 begann die tragische Geschichte des Victoriano Estalayo, die ein schlimmes Ende nahm. Mit dem Eintritt durch das Tor unter dem Adler, das Hakenkreuz in seinen Krallen haltend, begann eine höchst ungewisse Zukunft für jeden Häftling. Vor ihnen erstreckte sich der Vorplatz mit den Garagen und SS-Soldaten, vielen Soldaten. Empfangen wurden sie vom Lagerkommandanten Franz Ziereis. Die erste Ansprache nach der Ankunft im Vernichtungslager lautete sinngemäß: „Spanien will euch nicht, es hat euch die Staatsbürgerschaft, eure Daseinsberechtigung entrissen. Niemand kommt lebend hier heraus: Ihr seid zum Tod ohne Gerichtsurteil verdammt. Als erstes hat euch Spanien verurteilt.“ Reihenweise waren die SS-Schergen mit ihren Wolfshunden aufgestellt – eine doppelte Hundeschar, die bereit war, über die Häftlinge herzufallen. Unsere Heimat war von da an dieses Lager in Österreich. „Durch das Tor kommt ihr herein – durch den Schornstein wieder hinaus.“ „Bei der Ankunft wurde ich ausgezogen, alle meine Habseligkeiten – wenige Sachen, ein paar Erinnerungen, Familienfotos – wurden mir abgenommen, ich wurde als Häftling gekleidet – eine blau-weiß-grau senkrecht gestreifte Uniform –, mein ganzer Körper wurde mit der Schneidemaschine rasiert. Das blaue Dreieck wurde mir aufgestickt, ein paar Notizen in meine Kartei aufgenommen. Wir mussten uns nackt aufstellen und wurden unter die Dusche geschickt. Wir bekamen Wasser, andere tödliches Gas. So begann die Quarantäne, die mehrere Tage dauerte.“
DURCHHALTEN – SOLIDARITÄT GEGEN DEMORALISIERUNG.
Unter den Häftlingen gab es sechs ungeschriebene Gesetze, um das Lager zu überleben: Gesundheit vortäuschen, nicht auffallen, nützlich sein, Kräfte sparen, so viel wie möglich essen und nicht in Wehmut verfallen. Wie die überwältigende Mehrheit der Überlebenden berichtete, empfahl es sich am meisten, so wenig wie möglich nachzudenken, insbesondere an die Familie. Das Ende vieler Deportierter begann, wenn ihre Hoffnung starb. Das tagtägliche Überleben inmitten dieser Hölle war nur für jene möglich, die ihre körperliche Stärke mit geistiger und emotionaler Stahlkraft verbanden. Zum Überleben war es unverzichtbar, sich an das Miteinander mit dem Tod zu gewöhnen.
DIE ORGANISIERUNG UNTER DEN HÄFTLINGEN.
Die Spanier setzten den Grundstein zur Organisierung der Häftlinge im Untergrund. Aufgrund der widrigsten Umstände, in denen dies erfolgte, kann wohl behauptet werden, dass ihre Rolle insbesondere nach 1943 entscheidend war, um eine höhere Todeszahl zu verhindern. Anfangs war die Organisation kaum in der Lage, einige wenige Kleindiebstähle von Lebensmitteln zu planen und ihre Ausgabe an die schwächsten Häftlinge zu organisieren. Mit der Zeit wuchs ihre Macht in dem Maße, als die Spanier an die Schlüsselstellen in der Lagerstruktur gelangten. Durch sie kamen die Häftlinge zu Information aus erster Hand über die SS-Pläne und es konnten andere Kameraden an strategisch wichtigen Stellen eingesetzt werden. So konnten sie ihre Lebensbedingungen merklich verbessern, Lebensmittel stehlen, Nachrichten über den Kriegsverlauf erfahren und andere Ziele für das allgemeine Wohl erreichen.
ANLEHNEN AN DIE SCHULTER DER KAMERADEN.
Die Solidarität war für die Rettung eines Großteils der Menschenleben unter den spanischen Republikanern entscheidend. Diese Solidarität erfasste alle vorstellbaren Bereiche, vom Teilen einer Kartoffel im Halbdunkeln der Baracke bis zum Verbergen von Beweisen der Verbrechen, die im Lager begangen wurden und später für die Verurteilung von zahlreichen führenden Nationalsozialisten in den Nürnberger und Dachauer Prozessen dienten. (Francesc Boix: Der Fotograf von Mauthausen) Diese Solidarität brachte Victoriano wohl das schlimmste aller Schicksale ein: den Steinbruch in Gusen. Victoriano gehörte innerhalb des KZ Mauthausen zu den ‚Privilegierten‘. Er arbeitete als Bäcker (Dok. 17), weshalb es ihm nicht an Lebensmitteln und Wärme mangelte. Als er versuchte, seine Landsleute mit kleinen versteckten Brotmengen zu helfen, wurde er von den Kapos überrascht und zum unmenschlichen Vernichtungssteinbruch in Gusen (Gefangenennummer 14617) verurteilt.
VICTORIANO ZU UNMENSCHLICHER ARBEIT IM STEINBRUCH IN GUSEN VERDAMMT (20.10.1941).
GUSEN, DER SCHLACHTHOF VON MAUTHAUSEN.
Gusen war das größte Nebenlager von Mauthausen. Dessen Bedeutung ist für Spanien sehr groß, da innerhalb seines Stacheldrahtzauns die meisten spanischen Deportierten starben. „Mehr als zwölf Stunden lang hackten, zerkleinerten und schleppten wir täglich Steine. Es war eine unmenschliche Arbeit, begleitet von den Schlägen und Qualen der Kapos und SS-Leute, denen wir ständig ausgesetzt waren. Wir Häftlinge mussten riesige Steine bis zu 50 Kilo auf unserem Rücken schleppen.“ Die SS-Männer missbrauchten den Steinbruch zur Unterhaltung, um die Häftlinge auf unvorstellbarste Weise zu quälen und ermorden. Der Steinbruch diente der Vernichtung der Schwächsten. Beim Auf- und Abstieg stellten sich die SS-Schergen beidseitig auf, und sobald sie einen Arm, ein Bein oder einen Kopf aus der Reihe herausragen sahen, schlugen sie mit dem Gewehr darauf ein und töteten den Häftling, oder sie packten ihn und stießen ihn die Wand hinunter. Ein Ausbrechen aus dem rundum mit elektrischem Stacheldraht umzäunten Lager war unmöglich. Die SS-Leute befahlen den Häftlingen, den Stacheldraht anzufassen. Weigerten sich diese, wurden sie hingestoßen, bis sie der Stromschlag traf. Die elektrische Umzäunung war zudem eine Einladung zum Selbstmord für die demoralisierten Häftlinge, die keinen weiteren Tag Lagerqual aushielten. Tag und Nacht mussten sie den Gestank aus dem Schornstein des Krematoriums ertragen. Dort wurden Hunderte lästige Leichen entsorgt, die sich Tag für Tag im Lager stapelten. Zahllose Zeugen belegen die Verbrennung von Häftlingen bei lebendigem Leib.
TOD VON VICTORIANO IN MAUTHAUSEN / GUSEN.
Victoriano starb 28-jährig am 30. November 1941 als Opfer des Nationalsozialismus in Gusen. (Dok. 13-14-15) (Dok. 16-17)
Victoriano wurde im Krematorium in Gusen eingeäschert.
Dok. 18 u. 19
ANERKENNUNG VON VICTORIANOS TOD DURCH DIE DEUTSCHE BUNDESREGIERUNG, Dok. 20
ANERKENNUNG DURCH DIE FRANZÖSISCHE REGIERUNG ALS KRIEGSTEILNEHMER, Dok. 21
Denkmal an die kantabrischen Opfer des Nationalsozialismus und Faschismus in Camargo, Santander (Dok. 22)
„Ruhe in Frieden,
der in seinem Leben für
Freiheit, Gesetz und Menschenrechte kämpfte“
LITERATURHINWEISE:
*- Dok. 23. BUCH „CÁNTABROS EN LOS CAMPOS DE EXTERMINIO NAZIS“
*- Webseite http://deportados.es/estalayo
*- Carlos Hernández de Miguel : Los últimos españoles de Mauthausen.
*- Benito Bermejo und Sandra Checa : Cartas desde Mauthausen.
*- Jesús Gutiérrez Flores : Guerra civil en Cantabria.
*- Miguel Ángel Solla Gutiérrez: La República Sitiada: Trece meses de Guerra Civil en Cantabria.
*- Paul Preston: La Guerra Civil española.
*- Salva Rubio, Colombo: El Fotógrafo de Mauthausen (Francisco Boix).
DOKUMENTATIONSQUELLEN FÜR DIE FORSCHUNGSARBEITEN:
- Arolsen Archives / International Center on Nazi Persecution (ITS)
- Yad Vashem –The World Holocaust Remembrance Center
- Deutsches Bundesarchiv
- Deutsche Dienststelle (WASt)
- Archiv der Staatspolizei Trier
- National Archives (NARA) USA
- Weltgedenkstätte der Shoah
- KZ-Gedenkstätte Mauthausen / Gusen in Wien
- Centro Documental de la Memoria Histórica
- Archivo Histórico Nacional
- Familienschriftverkehr
- Republikanische Armee: XII. Ebro-Heer
- Amtsblatt: Ministerium für Nationale Verteidigung
- Militärisches Generalarchiv Ávila
- Staatliches Amtsblatt / Ministerium für Justiz
- Biblioteca Nacional de España
- Memorial Democràtic de Catalunya
- Biblioteca Digital Hispánica
- Internationales Komitee vom Roten Kreuz
- Amical de Mauthausen
- SS-Karteien des Stalag XII-D
- Karteien des KZ Mauthausen
- Bücher der Todesmeldungen in Gusen
- Totenschein Nr. 918
- Amtliche Todesbescheinigung und Testament
- Krematoriumskartei: Einäscherung von Victoriano
- Register des Krematoriums Gusen
- Anerkennung von Victorianos Tod durch die deutsche Bundesregierung und Mitteilung
Diese Arbeit versteht sich als Teil der geschichtlichen Aufarbeitung für ein Aufbrechen des Schweigens rund um jene Menschen, die für Freiheit und demokratische Werte kämpften. (Fernando Rodríguez Estalayo)
„Die Menschen sterben nicht vollständig, solange jemand ihrer beharrlich gedenkt.“