Isak Julius Strauss 1894 - 1942
Geboren 15.5.1894 in Malsch
Gestorben 5.6.1942 in Gusen
Biografie
Am 15. Mai 1894 wurde Isak Julius Strauss – sein Rufname war Julius – in Malsch Kreis Wiesloch in der Nähe von Heidelberg geboren. Seine Eltern waren Nathan und Rosa geb. Wartensleben.
Er besuchte in Darmstadt das Gymnasium und verließ es mit dem Abschluss der Mittleren Reife. Danach begann er eine kaufmännische Lehre. Beruflich war er fortan selbstständig als freier Handelsvertreter in der Textilbranche tätig.
1930 lernte er Erna Helene Neske kennen, geb. am 17. September 1906. Sie war die Tochter des Ehepaares Gustav und Emma Neske aus Oberschöneweide. Erna war wie ihre Eltern evangelisch getauft.
Julius und Erna heirateten am 2. Februar 1935 und wohnten in der Ruhrstraße 17. Am 26. Oktober 1938 wurde die Tochter Evelyne Marion geboren. Gleichzeitig geriet die Familie in wirtschaftliche Not. Julius verlor aufgrund der antisemitischen NS-Verordnungen seine Gewerbegenehmigung als Handelsvertreter, die bisher erwirtschafteten Jahreseinkünfte von ca. 20 000 RM entfielen. Er konnte in seiner Branche keine Beschäftigung mehr finden, war deshalb die folgenden Jahre zu Hause und die Familie lebte von den noch vorhandenen Ersparnissen. Im September 1941 wurde Julius zur Zwangsarbeit in einer Lack- und Farbenfabrik in Weissensee herangezogen. Er arbeitete dort als Transportarbeiter für einen Wochenlohn von ca. 18 bis 20 RM. Natürlich reichte dieses minimale Einkommen nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und die Eheleute begannen, ihre Wertgegenstände zu verkaufen.
Obwohl in einer „privilegierten Mischehe“ lebend, war Julius Strauss besonderen Schikanen durch einen Nachbarn ausgesetzt. Dieser wohnte im Nachbarhaus, war Blockverwalter der NSDAP und darüber hinaus Denunziant der schlimmsten Sorte. Er meldete im Laufe des Jahres 1941 Julius Strauss mehrfach bei der Gestapo, da er von dessen regimekritischen Äußerungen erfahren hatte. Julius wurde jeweils stundenlangen Verhören unterzogen.
Im Februar 1942 erhielt er erneut eine Vorladung. Er kehrte diesmal nicht nach Hause zurück. Julius Strauss war im Polizeigefängnis Alexanderplatz in Gefangenschaft genommen worden. Nach seiner Verhaftung wurde seine Wohnung durchsucht und Erna Strauss bei Verhören durch die Gestapo aufgefordert, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen.
Vom Alexanderplatz aus verbrachte man ihn in das Arbeitserziehungslager Wuhlheide, ein Straflager der Gestapo in Lichtenberg.
Am 19. Mai 1942 wurde Julius Strauss auf bisher nicht bekannte Weise in das Konzentrationslager Mauthausen transportiert. Dort erhielt er im Lager die Häftlingsnummer 9771. Am 1. Juni wurde er in das Nebenlager Gusen überstellt.
Julius Strauss starb nur wenige Tage später, am 5. Juni 1942. Im Totenbuch des Lagers wurde als Todesursache „Herzklappenfehler“ vermerkt, eine unglaubwürdige Angabe angesichts der täglichen Morde, die in dem Lager verübt wurden.
Erna Strauss versuchte den Nachbarn, der ihren Mann in Gestapohaft gebracht hatte, ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen. Er war jedoch infolge einer zivilen Dienstverpflichtung ohne Hinterlassen einer Anschrift nach Paris gezogen und somit nicht mehr auffindbar. Erna Strauss starb am 24. Juni 1979 in Zehlendorf. Evelyne, die im Lette Verein Werbegrafik studiert hatte, verließ Berlin und ließ sich in Livorno, Italien nieder. Im Jahr 2005 hinterlegte sie für ihren Vater ein Gedenkblatt in der Gedenkstätte Yad Vashem.
Karin Sievert, Stolperstein Initiative Charlottenburg – Wilmersdorf
Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde. Berliner Adressbücher - Zentral- und Landesbibliothek Berlin Yad Vashem – Opferdatenbank Mauthausen Memorial KZ – Gedenkstätte: https://www.mauthausen-memorial.org/de/Gusen
Position im Raum

