Pietro Bastanzetti 1901 - 1944

Geboren 19.8.1901 in Vittorio Veneto
Gestorben 2.6.1944 in Gusen

Biografie

1902 kommt Pietro Bastanzetti mit seiner Familie in Mailand an. Mit zwölf Jahren, nach der fünften Grundschulklasse, ist er als Arbeiter tätig. Er geht in die Abendschule und schafft den Mittelschulabschluss. Am 8. September 1932 heiratet er Agnese Banfi und zieht 1934 nach Saronno, in die Via Ramazzotti 12, wo die Söhne Giancarlo (1935) und Maurizio (1938) zur Welt kommen.

Selbst niemals Mitglied des Partito Nazionale Fascista (Nationale Faschistische Partei), ruft er mit anderen Arbeitern das erste Beispiel für gewerkschaftliche Demokratie ins Leben: die commissione interna (eine Vorstufe des Betriebsrates). Bei Motomeccanica in der Via Oglio 18 in Mailand wird er als Vorarbeiter der Abteilung für schwere Maschinerie von der Belegschaft zu ihrem Vertreter gewählt. Nach dem Waffenstillstand vom 8. September 1943 geht dieses frei gewählte Gremium in den Untergrund und initiiert die Streiks von Dezember 1943 und März 1944.

Sofort folgen die Repressalien der deutschen Nazis und italienischen Faschisten. Die Mitglieder der Kommission werden verhaftet. Pietro wird am 17. März 1944 in der Fabrik festgenommen. Nur zwei Tage später wird Agnese herausfinden, dass er im Gefängnis San Vittore in Mailand festgehalten wird. Am Montag, den 20. März wird Pietro nach Bergamo gebracht. Dort besuchen ihn Agnese, Giancarlo und Maurizio, die mit ihm nur sehr kurze Gespräche unter bewaffneter Aufsicht führen können, mehrere Male. Einmal werden sie von einem Hilfsarbeiter der Schweißerei begleitet, ein Mitarbeiter von Pietro, der anbietet, an seiner Stelle in Haft zu gehen, da er alleinstehend ist und Pietro eine Familie hat. Pietro lehnt den Austausch ab. Dieser einfache und selbstlose Mann geht mit Tränen in den Augen fort und man erfährt nichts mehr von ihm, nicht einmal seinen Namen.

Am 5. April werden 400 Deportierte von Bergamo in Viehwaggons abtransportiert. Am 8. April kommen sie in Mauthausen an, gehen zu Fuß bis zum KZ und der erste von ihnen wird am Eingang zum Lager von Hunden zerrissen – damit ihnen gleich klar wird, wo sie sind. Dann werden sie entkleidet, ihnen wird alles abgenommen, sie werden am ganzen Körper rasiert und müssen in die Duschen mit eiskaltem und kochend heißem Wasser.

Nach der Quarantäne wird Pietro, Häftlingsnummer 61562, ins Zweiglager Gusen I überstellt, um in der Werkstatt der Messerschmitt-Werke zu arbeiten. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen entsprechen der Sklaverei. Nicht einmal drei Monate später wird Pietro am Abend des 1. Juni 1944 in einem infolge von Hunger, Erschöpfung, Schlägen, Wundrose und Lungenentzündung erbarmungswürdigen Zustand von zwei Mithäftlingen ins Krankenrevier gebracht. Dort wirft man ihn aber mit Faustschlägen und Fußtritten hinaus, da er ja „nur“ 39,5 Grad Fieber hat. Am nächsten Morgen sehen ihn die beiden auf einem Leichenhaufen vor dem Krematorium.

Am 2. Juni 1944 geht Pietro Bastanzetti im Alter von 42 Jahren durch den Kamin in den Wind von Mauthausen. Sein Grab ist in den Wolken.

Pietro hinterlässt einige im Gefängnis geschriebene Briefe, die helfen zu verstehen, was für ein Mensch er war. Aus dem Brief an seine Mutter vom 23. März 1944:

„Ich vertraue Dir meine Kinder an, damit sie unter Deiner und der Obhut ihrer Mutter zu guten, tugendhaften, gerechten, an Körper und Geist gesunden Menschen heranwachsen, auf dass sie zu Verteidigern der Erniedrigten und Helfern der Armen werden und dass alles Gute, das von ihnen kommt, nicht dem Eigeninteresse entspringt. Gott ist mein Zeuge, wie ich sie liebe, und dennoch wünsche ich eher ihren Tod, als dass sie zu diesem Abschaum der Menschheit gehören, der so viel Schlechtes getan hat und gegenwärtig tut.“

Giancarlo Bastanzetti

ANED, Sektion Mailand

Giancarlo Bastanzetti ist der Sohn von Pietro Bastanzetti; sein Text wurde von dessen Nichte Maria redigiert. Sie sind Mitglieder der Associazione nazionale ex deportati (ANED), Sektion Mailand.

 

Aus dem Italienischen von Camilla Brunelli

Position im Raum