Markéta Bergauerová 1904 - 1942
Geboren 6.2.1904 in Olomouc
Gestorben 24.10.1942 in Mauthausen
Biografie
Die Geschichte der Familie Bergauer
Vladimír Bergauer wurde am 18. September 1898 in Písek als Sohn von Julius und Maria Bergauer geboren. Vladimír Bergauer studierte an der medizinischen Fakultät der Karlsuniversität, wo er später als Dozent der allgemeinen Biologie arbeitete. Er war römisch-katholischen Bekenntnisses. Er heiratete Markéta Bergauerová, geb. Kňourková, die Tochter von Josef Kňourkov und Ida Kňourkova, welche am 6. Februar 1904 in Olomouc geboren wurde und ebenfalls römisch-katholischen Bekenntnisses war. Markéta war studierte Ingenieurin und arbeitete als Büroangestellte bei der Baugenossenschaft der Tschechoslowakischen Studentischen Erneuerungsbewegung.
Beide Eheleute waren Anhänger des Martinismus, einer Bewegung ähnlich den Freimaurern, die sich mit theoretischen Studien und der praktischen Erforschung der verborgenen geistigen Kräfte des Menschen und der Natur beschäftigt. Beide waren auch Mitglieder in der Tschechoslowakischen Studentischen Erneuerungsbewegung. Vladimír Bergauer ergänzte seine Lebenseinstellung noch durch sein Interesse an Eugenik, einer sozial-philosophischen Richtung, die sich mit der Veredelung der menschlichen Rasse beschäftigt. In den dreißiger Jahren hatte er sogar die Eugenische Gesellschaft in Prag geleitet. Zusammen mit seinem Kollegen Vladislav Růžička hatte er im Jahre 1936 eine Fachmonografie über Biologie unter dem Namen „Allgemeine Biologie“ herausgegeben.
Nach der Okkupation Tschechiens waren die Eheleute Bergauer im Jahre 1942 am Verstecken des englischen Majors Ronald Bolton Littledale, der aus einem Kriegsgefangenenlager entkommen war, beteiligt. Major Ronald Littledale stammte aus der Grafschaft Cherhire. Er diente neun Jahre in der britischen Kolonialarmee in Bombay und wurde nach Ausbruch des Krieges gegen Deutschland Mitglied des britischen Expeditionskorps in Frankreich. Bei den Rückzugsgefechten in der Nähe der Stadt Calais geriet er in Gefangenschaft. Von dort wurde er dann in ein Kriegsgefangenenlager auf dem Gebiet des sog. Generalgouvernements gebracht. Zusammen mit einem weiteren Mitgefangenen gelang es ihm, aus dem Kriegsgefangenenlager zu fliehen. Mit Hilfe einer polnischen Frau schafften sie es, nach Rumänien zu gelangen. Ihr Ziel bestand darin, die bulgarische Grenze zu überschreiten und von dort aus die Türkei zu erreichen. An der Grenze kam es jedoch zu einem Ereignis, mit dem die geflohenen Gefangenen nicht gerechnet hatten. Ihre Begleiterin verriet sie und lieferte sie an die bulgarische Finanzpolizei aus. Diese übergab sie den deutschen Sicherheitsorganen. Die erste Vernehmung der beiden Engländer erfolgte durch Gestapo-Beamte in Bukarest. Diese boten den Offizieren an, dass sie, wenn sie ihre Unterstützer verraten würden, die sie auf dem Weg von Polen bis Rumänien unterstützt hatten, freigelassen würden. Littledale ging auf das Angebot ein und verriet Namen von Menschen, bei denen sie sich während der Flucht versteckt hatten. Freigelassen wurde er jedoch nicht. Stattdessen wurden beide zurück in das Kriegsgefangenenlager begleitet. Bei Roudnice nad Labem gelang es ihnen, aus dem Zug, mit dem sie fuhren, zu fliehen. Sein Mitgefangener wurde kurz danach festgenommen. Littledale hatte mehr Glück. Er schaffte es bis nach Roudnice und wurde über den evangelischen Pfarrer F. Dobiáš aus Krabčice zum Pfarrer der evangelischen Jugendgemeinde Jan Miřejovský geschickt. Dieser brachte ihn Anfang des Jahres 1942 in die Obhut des YMCY-Mitglieds Zdeňka Paková, die ihn wiederum den Eheleuten Bergauer anvertraute, die damals in der Italská ulica (Straße) Nr. 615/7 in Vinohrady wohnten.
Nach und nach beteiligten sich immer mehr Leute am Verstecken des britischen Offiziers. Außer Zdeňka Paková und ihrer Schwester Jiřina handelte es sich dabei um Anna Kavinová-Schustlerová, die Eheleute Maria und Emil Brunclík und Gertruda Šašková. Major Littledale versteckte sich bis zum 15. Mai 1942 bei ihnen. Am längsten war er bei den Eheleuten Bergauer untergebracht.
Mit Hilfe seiner Freunde in Österreich bereitete Vladimír Bergauer die Flucht von Major Littledale über Österreich in die Schweiz vor, welche jedoch nicht gelang. Am 15. Mai reiste Major Littledale, ausgestattet mit gefälschten Dokumenten, in die südtschechische Stadt Husince ab. Hier übernachtete er bei einem evangelischen Pfarrer und setzte seine Reise nach St. Anton an der österreichisch-schweizerischen Grenze fort. Ein örtlicher Begleiter führte ihn auf Skiern auf einen Bergkamm, über den die Staatsgrenze zur Schweiz verlief. Es blieb nur die Abfahrt über den Hang nach unten auf die schweizerische Seite. Leider war der Weg in die Schweiz durch Schneewechten gefährdet, die jeden Moment abzubrechen drohten. Major Littledale verweigerte aus diesem Grund den Übergang und kehrte unter Hinweis darauf, dass er in das Protektorat zurückgehen werde, nach Österreich zurück. Von diesem Vorhaben hielten ihn die österreichischen Widerstandskämpfer zunächst ab. Am 27. Mai erfolgte der Anschlag auf R. Heydrich und im Protektorat wurde das Standrecht verkündet. Trotzdem entschied sich Major Littledale für die Rückkehr. Wahrscheinlich wegen der verschärften Bewachung nach dem Attentat auch auf der deutschen Seite der Grenze wurde er auf dem Bahnhof Vimperk festgenommen. Nach seiner Verhaftung durch die Gestapo Anfang Juli wurden alle Verstecke von Littledale aufgedeckt und es kam zur Verhaftung aller seiner Unterstützer. Das betraf auch die Eheleute Bergauer. Diese wurden am 30. Juni 1942 festgenommen.
Vladimír Bergauer wurde im Herbst 1942 aus der Polizeihaft in Prag in die Kleine Festung Terezín (MPT) deportiert. Seine Ehefrau durchlief das Polizeigefängnis in der Bartolomějská ulica (Straße) und wurde später ebenfalls in die MPT überstellt.
Nach einem Urteil des Standgerichts, von dem sie in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden waren, wurden sie am 23. Oktober in das KZ Mauthausen verschleppt. Dort wurde am 24. Oktober 1942 um 10 Uhr 26 Minuten Markéta Bergauerová durch einen Schuss in den Hinterkopf hingerichtet, um 14 Uhr 2 Minuten ereilte ihren Ehemann das gleiche Schicksal.
Auch wenn die Eheleute Bergauer keine direkten Unterstützer der Fallschirmspringer der Gruppe ANTHROPOID waren, ist ihre Verbindung mit dem Attentat offensichtlich. Es war die Person des Fliegers Major Littledale, die dank der sog. hinterlassenen „britischen“ Spur am Ort des Attentats die Deutschen nach dessen Verhaftung zu der Vermutung führen konnte, dass er etwas mit der eigentlichen Ausführung des Attentats zu tun gehabt haben könnte. Dies wurde bestimmt auch durch die Verhaftung von Zdeňka Paková unterstützt, die schon Verbindungen zu anderen christlichen Widerstandskämpfern hatte, die mit den Fallschirmspringern in Verbindung standen. Daher wurden alle, die Littledale versteckt hatten, zusammen mit den direkten Unterstützern der Fallschirmspringer im KZ Mauthausen ermordet.
Und welches weitere Schicksal hatte Major Ronald Bolton Littledale? Nachforschungen bezüglich seines Schicksals wurden nach dem Krieg durch den Bruder von Zdenka Paková, Radim, unternommen. Er wollte mehr über die Umstände der Verhaftung seiner Schwester erfahren. Daher schrieb er im Herbst des Jahres 1945 an das Innenministerium, von dem er am 21. September 1946 folgende Antwort erhielt: „nach den Unterlagen der britischen Militärbehörden fiel Oberstleutnant Ronald Bolton Littledale, Kings Royal Rifle Corps, der früher aus der Kriegsgefangenschaft geflohen war, am 1. September 1944 bei der Führung seines Regiments im Kampf.“ Aus dieser Nachricht kann abgeleitet werden, dass sich Ronald Littledale nach seiner Befreiung oder einer weiteren Flucht erneut der Königlich Britischen Armee anschloss und sich wieder am Kampf gegen die Deutschen beteiligte.
Vlastislav Janík, Historiker