Vladimír Bergauer 1898 - 1942

Geboren 18.9.1898 in Písek
Gestorben 24.10.1942 in Mauthausen

Biografie

Vladimír Bergauer wurde in einer Apothekerfamilie tschechischer Nationalität und römisch-katholischen Glaubens geboren. 1917 absolvierte er ein Gymnasium in Písek, im Wintersemester 1917/1918 begann er, an der Tschechischen-Medizinischen Fakultät der Karl-Ferdinands-Universität in Prag Medizin zu studieren. Es gelang ihm, im Rahmen der letzten Musterungen zur österreichisch-ungarischen Armee nicht eingezogen zu werden. Im Jahre 1923 beendete er das Medizinstudium. Trotz erfolgreicher Habilitation (1928) und einigen Vorschlägen zur Ernennung zum außerordentlichen Professor in den Jahren 1931 bis 1939, blieb er bis 1939 Assistent am Institut für allgemeine Biologie. Im Jahre 1934 wurde er zum letzten Direktor des Tschechischen Instituts für Nationale Eugenik an der tschechischen Medizinischen Fakultät in Prag ernannt. Er beschäftigte sich mit der Erforschung des Alterns und knüpfte an dieses Thema später mit weiteren serologischen und Hormonstudien an; er widmete sich auch sexuellen Fragen. Anfang der 1930er-Jahre fasste er die erlangten Erkenntnisse in seiner größten und eigentlich auch einzigen publizierten Monographie Sexuální biologie (Sexualbiologie, Prag 1931) zusammen. Im Jahre 1934 übernahm er als Koautor des zweiten Teils die Redaktion des ursprünglichen tschechischen Kompendiums Obecná biologie (Allgemeine Biologie, Prag 1934, später erschien es in drei Neuauflagen). Dank seiner Konzeption und übersichtlicher Gliederung wurde seine Publikation im darauffolgenden Jahrzehnt zum grundlegenden Lehrbuch für Medizinstudenten.

Nach der Schließung der tschechischen Hochschulen im November 1939 wirkte Vladimír Bergauer für kurze Zeit als Abteilungsvorstand des damals neu gegründeten Instituts für Nationale Biologie und Eugenik, das dem Protektoratsministerium für Soziales und Gesundheitsverwaltung unterstand. Nach der Schließung dieses Instituts durch die Prager Gestapo im Juni 1941 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Psychiatrischen Klinik angestellt. In dieser Zeit begann er, im Widerstand tätig zu sein. Zunächst leistete er seinen Bekannten Hilfe beim Verlassen des Landes. Mit größter Wahrscheinlichkeit engagierte er sich im Rahmen des illegalen, mit der damaligen Masaryk-Liga gegen Tuberkulose verbundenen Netzwerkes. Später versteckte er auch einen englischen Piloten, der nach und nach von einer ganzen Reihe von Personen versteckt wurde, unter anderem auch von dem kinderlosen Ehepaar Bergauer. Schließlich wurde dem Piloten das Übertreten der Protektoratsgrenze nach Österreich gesichert.

Als er später versuchte, aus Österreich ins Protektorat zurückzukehren, wurde er an der Grenze wegen Unstimmigkeiten in seinen Dokumenten festgenommen. Während der Verhöre gab er die Namen jener preis, die ihn versteckt hatten. Nach der Verhaftung wurden diese vier Monate lang in der Untersuchungshaftanstalt in Prag-Pankrác festgehalten und verhört. An deren Ende wurde Vladimír Bergauer gemeinsam mit seiner Frau Markéta Bergauerová durch das deutsche Standesgericht in Prag zum Tode verurteilt. Beide wurden einer 264 Männer, Frauen und Kinder zählenden Gruppe zugeteilt, die in Verbindung mit dem Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) gebracht wurde. Sie wurden als Angehörige von Fallschirmspringern oder jener, die geholfen hatten, sie zu verstecken, verhaftet und nach Mauthausen abtransportiert.

Am 24. Oktober 1942 wurde das Ehepaar Bergauer in der Zeit zwischen neun Uhr morgens und sechs Uhr abends mit größter Wahrscheinlichkeit erschossen und ihre Körper verbrannt. Vladimír Bergauer war 44 Jahre alt.

Nach Kriegsende wurde er mit der tschechischen Medaille für Verdienste in memoriam ausgezeichnet und im März 1946 posthum zum außerordentlichen Professor der allgemeinen Biologie ernannt, was einen Monat später per acclamationem bestätigt wurde. Die eigentliche Nominierung fand jedoch erst zwei Jahre später (1948) statt.

Michal V. Šimůnek

Michal V. Šimůnek ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Wissenschaftsgeschichte des Instituts für Zeitgeschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Prag. Er beschäftigt sich mit der Medizin- und Biologiegeschichte in Böhmen und Mähren im 20. Jahrhundert.

 

Aus dem Tschechischen von Jana Starek

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Nicht einmal 100 Jahre ist diese schlimme Zeit her… Ich schreibe diese Worte als Andenken für alle Menschen, die in Mauthausen und anderen Konzentrationslagern verstorben sind. Möge uns so eine schlimme Zeit nicht nochmal passieren in Österreich, und auch in keinem anderen Land. Ich selbst habe keine Vorfahren in einem KZ verloren, und trotzdem will ich heute für alle Opfer und Angehörige beten und Ihnen gedenken. Was diesen Menschen passiert ist und was Sie durchmachen mussten will man keinem wünschen. Ich hoffe, dass jeder aus der Geschichte gelernt hat und sowas nicht mehr passieren wird, egal in welchem Land und aus welchem Grund.

Sophia Roth, BRG Hallein

Position im Raum