Robert Müller 1885 - 1939 Bearbeiten
Geboren 23.12.1885 in Grünwald
Gestorben 16.11.1939 in Mauthausen
Biografie
Robert Müller war Gastwirt in der sudetendeutschen Stadt Gablonz (Jablonec, Tschechien). Gablonz lag im sog. Gebietsabschnitt II, der am 2./3. Oktober 1938 von deutschen Truppen besetzt wurde. Als Kommunist wurde Robert Müller nur wenige Tage später, am 9. Oktober 1938, verhaftet. Eine Verhaftung durch das Sudetendeutsche Freikorps (SFK), das nach der Besetzung des Sudetenlandes weitgehend in die SS inkorporiert wurde, bzw. ehemalige Angehörige des SFK ist ebenso möglich wie eine Verhaftung durch die neue reguläre deutsche Polizei aufgrund einer Denunziation aus der Bevölkerung. Die Männer des SFK stammten aus der Region, sie kannten ihre Gegner, waren gewalttätig und hatten nach der Besetzung des Sudetenlandes freie Bahn, alte Rechnungen zu begleichen. Dabei mussten sie sich zwar den deutschen Interessen und Organisationen fügen, die die ungezügelten Gewaltakte des SFK bald kanalisierten und kontrollierten, dennoch wird das SFK für die meisten Verhaftungen verantwortlich gemacht.
Nach der Verhaftung wurden die Häftlinge zunächst in Haftanstalten oder Räumlichkeiten vor Ort festgehalten, bevor sie an die Polizei im Reich übergeben wurden. Am 20. Oktober 1938 um 21.30 Uhr, also elf Tage nach seiner Verhaftung, wurde Robert Müller mit einer Gruppe anderer Verhafteter aus Gablonz und Reichenberg in die Untersuchungshaftanstalt II in Leipzig eingeliefert. Er blieb dort bis zum 13. Dezember 1938 und wurde dann „zur Polizei entlassen“. Das bedeutet, dass es nach dem herkömmlichen Strafrecht keine juristisch relevanten Vorwürfe gegen ihn gab, die eine weitere Untersuchungshaft gerechtfertigt hätten. Er wurde als „Staatsfeind“ der Gestapo übergeben, die die sog. „Schutzhaft“ verhängte.
Am 20. Dezember 1938 wurde Robert Müller in das KZ Dachau eingeliefert. Das Lager war zu diesem Zeitpunkt vollkommen überfüllt, nachdem im März 1938 im besetzten Österreich eine Verhaftungswelle begonnen hatte und nach den Novemberpogromen 1938 zudem tausende Juden nach Dachau gebracht worden und dort Opfer der Quälereien der SS geworden waren. In Dachau erhielt Robert Müller die Häftlingsnummer 31742 und kam zunächst auf Block 23, Stube 3, danach auf Block 13, Stube 4. Aus unbekannten Gründen erhielt er in Dachau Haftverschärfung (Postentzug).
Robert Müller wurde am 9. Mai 1939 in das neu errichtete Konzentrationslager Mauthausen transportiert, er erhielt dort die Häftlingsnummer 345. Seiner Postkarte vom 27. August 1939 lässt sich entnehmen, dass er in Block 9, Stube 2 untergebracht war. Da die Blocks in Mauthausen bestimmten Tätigkeiten im Lager zugeordnet waren, lässt sich hieraus etwas über die möglichen Arbeitskommandos schließen. In Block 9 lebten Österreicher, Deutsche, Spanier und Tschechen; sie arbeiteten in Werkstätten, dem Siedlungsbau und anderen Kommandos.
Am 16. November 1939 starb Robert Müller im KZ Mauthausen. Die Todesursache auf dem Totenschein „Arteriosklerose bzw. Herzschlag“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit falsch. In der Regel wurden erfundene Todesursachen angeführt, um Angehörige in die Irre zu führen und die tatsächlichen Todesumstände zu vertuschen. Möglich wäre der Tod durch „Gewalt des Alltags“ (Hunger, Erschöpfung, Krankheit aufgrund der Lebensbedingungen) sowie der Tod durch sonstige Gewalttaten (Lagerstrafen, Misshandlung durch SS oder Kapos). Der Leichnam von Robert Müller wurde im Krematorium Steyr eingeäschert.
SchülerInnen des Goethe Gymnasiums Bensheim recherchierten 2018 im Auftrag seines Enkels Markus Mueller-Weisenstein zu den Umständen seiner Verhaftung, Inhaftierung sowie zu seinem Tod und legten in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen Blumen in Gedenken an Robert Müller nieder.
Aus dem Recherchebericht von SchülerInnen des Goethe Gymnasiums Bensheim
Archive:
Arolsen Archives
Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Wien
Archiv der Gedenkstätte Dachau, Dachau
Sächsisches Staatsarchiv
Literatur:
Hans Marsalek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen (Wien 2016).
Jörg Osterloh: Die Judenfrage etwas radikaler durch das Jahr 1938 gelöst. In: Einsicht 2018. Bulletin des Fritz-Bauer-Instituts, Ausgabe 19 (2018), S. 24–33.
Bertrand Perz/Christian Dürr/Ralf Lechner/Robert Vorberg: Die Krematorien von Mauthausen. In: KZ-Gedenkstätte Mauthausen | Mauthausen Memorial, Jahrbuch 2008, S. 12–23.
Stanislav Zámecník: Das war Dachau (Luxemburg 2002).