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Raphael Weichbrodt 1886 - 1942 Bearbeiten

Geboren 21.9.1886 in Łabiszyn
Gestorben 31.5.1942 in Mauthausen

Biografie

Raphael Weichbrodt wurde am 21. September 1886 in Łabiszyn an der Netze (ehemals Provinz Posen) geboren.[1] Er entstammte einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie, nach dem Abitur studierte er Medizin in Berlin, Heidelberg, Freiburg und München. In München erlangte er 1912 die Approbation und promovierte im selben Jahr.

Nach verschiedenen Tätigkeiten als Assistenzarzt in Berlin nahm Weichbrodt am 15. Juni 1915 eine Stelle an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Frankfurt am Main an. Bis Ende 1925 war er hier als Assistenzarzt tätig, habilitierte sich 1920 im Fach Psychiatrie und Neurologie mit der Schrift Die Therapie der Paralyse und hielt ab 1921 als Privatdozent Vorlesungen an der Medizinischen Fakultät. 1926, Weichbrodt war aus dem Klinikbetrieb ausgeschieden und hatte eine Privatpraxis als Facharzt für Nervenheilkunde und Psychiatrie in Frankfurt eröffnet, wurde er von der Universität zum nichtbeamteten außerplanmäßigen Professor ernannt. Er hielt weiterhin Vorlesungen, schrieb Fachartikel und war als Gutachter für Versicherungen, Verbände und Private tätig. Am 6. Juni 1919 hatte er Meta Markus geheiratet. 1920 und 1921 waren die Töchter Ruth und Dorrit geboren worden. Meta verstarb früh: 37-jährig erlag sie einem Krebsleiden. Im selben Jahr war Weichbrodt wieder in das universitäre Angestelltenverhältnis zurückgekehrt, und zwar als Leiter des Chemisch-serologischen Laboratoriums der Frankfurter psychiatrischen Universitätsklinik. Ein Jahr später, 1933, begannen Terror und Repressalien der an die Macht gekommenen Nationalsozialisten sukzessive das Leben Raphael Weichbrodts zu zerstören. Auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (§ 3 BBG) vom 7. April 1933 wurde ihm als Jude die Lehrbefugnis an Universitäten entzogen. In den folgenden Jahren durfte er auch nicht mehr in seiner Praxis und nicht mehr als Gutachter tätig sein. 1937 und 1940 konnte er in der Schweiz seine Monographien Der Selbstmord (1937) und Der Versicherungsbetrug (1940) veröffentlichen. Die hieraus erzielten Einnahmen, zusammen mit dem Gehalt, das seine Tochter Dorrit als Röntgenassistentin des Jüdischen Krankenhauses in der Gagernstraße in Frankfurt erhielt, reichten kaum als Lebensgrundlage aus. Im Jahr 1938 emigrierte die älteste Tochter Ruth in die USA, später nach Brasilien.

Am 30. Mai 1942 wurde Raphael Weichbrodt in das KZ Mauthausen deportiert und verstarb dort am darauffolgenden Tag, am 31. Mai 1942. Im Totenbuch des Lagers ist als Ursache Herzversagen verzeichnet.

Warum und unter welchen Umständen Weichbrodt – von Geburt an stark gehbehindert, er konnte nur mit Krücken laufen – in das KZ Mauthausen eingeliefert wurde, konnte bislang nicht geklärt werden.

Das Schicksal von Dorrit Weichbrodt, die nach dem Krieg offiziell für tot erklärt wurde, konnte nicht näher bestimmt werden. Es hieß, sie sei kurz nach ihrem Vater deportiert worden.

 

Monika Birkenfeld

ist Mitarbeiterin am Dr. Senckenbergischen Institut für Geschichte und Ethik der Medizin in Frankfurt am Main.

 

Quellen:

Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Zugangsliste des KZ Mauthausen vom 30. Mai 1942.

Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Totenbuch des SS-Standortarztes Mauthausen vom 31. Mai 1942.

Literatur:

Kurt Schäfer: Verfolgung einer Spur (Raphael Weichbrodt). Biographien Nr. 2 (Frankfurt am Main 1998).

 

[1] Dieser Beitrag folgt im Wesentlichen dem Wikipedia-Artikel zu Raphael Weichbrodt, den die Autorin am 27. Juni 2014 erstellt hat.

 

Siehe auch:

Stadt Frankfurt am Main, Stolperstein-Biographien im Bahnhofsviertel, Weichbrodt, Raphael und Dorrit | Stadt Frankfurt am Main [Zugriff: 24.08.2023]

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