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Josef Kaiser 1869 - 1942 Bearbeiten

Geboren 17.7.1869 in Hoof
Gestorben 31.8.1942 in Mauthausen

Biografie

Der aus Hoof im Landkreis Kassel stammende Handelsmann und Metzger Josef Kaiser (geb. 1869) heiratete im August 1894 Veilchen Dilloff (geb. 1867) aus dem Haus Untermarkt 10 in Frankenberg, Tochter von Hirsch Dilloff. Vier Kinder, ein Junge und drei Mädchen, gingen aus der Ehe hervor. Um 1897 erwarb das Ehepaar das dem Geburtshaus von Veilchen Kaiser benachbarte Haus Untermarkt 8. Dort betrieb Josef Kaiser ein Geschäft für landwirtschaftliche Produkte und Bedarfsartikel. Er handelte mit vielerlei Gegenständen, so u.a. mit Wachs und Tierhaaren, Wagenschmiere, Altmetall und Frucht, Därmen und Blasen, später vor allem mit Rindvieh und Pferden. Daneben war er auch als Metzger tätig. Die Familie Kaiser konnte von ihrem Geschäft gut leben.
Im Januar 1916 wurde im Haus von Josef Kaiser eine Sammelstelle für beschlagnahmtes Kupfer, Nickel, Messing und andere Buntmetalle für die Kriegswirtschaft eingerichtet. Im August des gleichen Jahres wurde Kaiser mit dem Ankauf beschlagnahmter Fahrraddecken und -schläuche beauftragt. Auch die vom Kreis eingerichtete Sammelstelle für Flaschen in Frankenberg befand sich bei Josef Kaiser. Außerdem war er vom Kreis zum Kommissionär bestellt und in dieser Funktion unter anderem verantwortlich für die Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln.

Im Oktober 1919, nur wenige Monate nach ihrer Silberhochzeit, starb Veilchen Kaiser nach längerer Krankheit im Alter von 52 Jahren. 1921 ging Josef Kaiser eine zweite Ehe mit Mary Josephs (geb. 1881) aus Jever in Oldenburg ein. Im September 1922 kam der Sohn Heinz zur Welt.

Nach 1933 geriet Josef Kaiser in große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sein Verdienst reichte bald nicht mehr aus, um die Familie zu ernähren. In seiner Verzweiflung entwendete er einem Frankenberger Gerbermeister mehrere Schaffelle und bot sie dem ahnungslosen Eigentümer anschließend zum Kauf an. Die Sache flog auf, und Kaiser wurde vom Amtsgericht wegen Diebstahls zu einer vierwöchigen Gefängnisstrafe verurteilt. Als strafmildernd berücksichtigte das Gericht dabei ausdrücklich die wirtschaftliche Notlage des Angeklagten.
Spätestens ab 1935 bezog Josef Kaiser Wohlfahrtsunterstützung von der Stadt Frankenberg, zunächst 15, dann 20 Reichsmark monatlich. Darüber hinaus wurde er offenbar von Verwandten mit Lebensmitteln unterstützt. Am 3. Februar 1937 legte er gegen dem ihm erteilten Bürgersteuerbescheid Widerspruch ein und begründete diesen folgendermaßen:

„Im Jahre 1936 habe ich fast keinen Umsatz gehabt. Außerdem beziehe ich Wohlfahrtsunterstützung, es geht mir sehr schlecht, daß ich kaum mein Leben fristen kann. Aus diesen Gründen bitte ich den Herrn Bürgermeister, mich mit der Bürgersteuer zu verschonen, da ich nicht in der Lage bin, dieselbe bezahlen zu können“.

Da nach Feststellungen der Stadtkasse die Angaben stimmten und das Einkommen Kaisers die Richtsätze der allgemeinen Fürsorge nicht überstieg, wurde ihm die Bürgersteuer erlassen. Als am 10. November 1938, nach dem Pogrom, die jüdischen Männer aus Frankenberg verhaftet wurden, gehörte auch Josef Kaiser zu den Festgenommenen. Mehrere Wochen war er anschließend im Konzentrationslager Buchenwald unter den unmenschlichsten Bedingungen inhaftiert. Ende November oder Anfang Dezember wurde er entlassen.

Im Dezember 1941 wurden Josef und Mary Kaiser gezwungen, ihre Wohnung im Haus Untermarkt 8 (damals Hindenburgplatz) für eine „arische“ Familie zu räumen und in die ehemalige Synagoge im Scharwinkel umzuziehen. Für die drei winzigen Räume, die sie dort bewohnten, mussten die Kaisers 15 Reichsmark Miete monatlich an die Stadt Frankenberg zahlen. Die Miete, welche die neuen Bewohner ihrer früheren Wohnung zahlten, floss dagegen auf ein Sperrkonto bei der Kreissparkasse und war damit ihrem der Zugriff faktisch entzogen.

Als es im Mai 1942 frischen Fisch aus der Eder zu kaufen gab, reihte sich auch der 73-jährige Josef Kaiser in die Reihe der Wartenden ein. Er wurde denunziert und daraufhin von der Gestapo am 12. Juni in das „Arbeitserziehungslager“ Breitenau bei Guxhagen eingewiesen. Nach zehnwöchiger „Schutzhaft“ in Breitenau wurde Josef Kaiser am 25. August 1942 in das Konzentrationslager Mauthausen bei Linz in Österreich verschleppt, wo er bereits sechs Tage später, am 31. August 1942, unter ungeklärten Umständen zu Tode kam.

Ob Mary Kaiser vom Tod ihres Mannes erfahren hat, ist nicht bekannt. Kurz nach seiner Verhaftung wurde das Ehepaar Katzenstein aus der Bahnhofstraße in der ehemaligen Synagoge einquartiert. Infolgedessen musste Mary Kaiser zwei ihrer drei Zimmer an sie abgeben. Am 6. September 1942 wurde die damals 61 Jahre alte Mary Kaiser in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Zwei Jahre blieb sie dort. Am 9. Oktober 1944 wurde sie in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft vergast.

Dr. Horst Hecker

Aus: Horst Hecker: Jüdisches Leben in Frankenberg. Geschichte der Gemeinde und ihrer Familien. Mit Beiträgen über die Juden in Geismar und Röddenau sowie einer Dokumentation des jüdischen Friedhofs (Frankenberg 2011), S. 300-302.

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