Wilhelm Walther 1889 - 1940

Geboren 28.1.1889 in Grebenau
Gestorben 24.2.1940 in Mauthausen

Biografie

Wilhelm Walther wurde am 28. Januar 1889 in Grebenau als ältester Sohn des Dr. Philipp Walther, Oberförster und großherzoglich-hessischer Ministerialrat, und Pauline geb. Heß geboren. Sein Bruder Erwin war im Ersten Weltkrieg gefallen. Willy Walther – wie er sich auch offiziell nannte – besuchte das Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt und studierte anschließend Theologie u. a. in München, Heidelberg, Marburg an der Lahn und Tübingen.

„Hochgewachsen, dunkelhaarig und forschenden Auges fiel der eigengängerische Gymnasiast schon rein äußerlich auf und machte wegen seiner musikalischen Begabung von sich reden“ (Darmstädter Echo, 27. Januar 1959). Zeichnungen von E. P. Brennecke und Wilhelm Bader sowie Kabinettfotografien (Willy Maas, Marburg an der Lahn) zeigen ihn als adretten Menschen mit „einem schönen römischen Kopf“. Er fand Aufnahme in den Münchner Kreis um Stefan George, Hanna und Karl Wolfskehl. Schon bald ging er zu George auf Distanz und seine eigenen Wege.

Mit Zudringlichkeiten, Bettelbriefen und schließlich auch Strafanzeigen gegen vermeintliche Feinde machte er sich bei seinen Freunden zusehends unbeliebt und wurde für seine Familie immer wieder zum Problem. 1920 betrieb sein Vater, der ihn bisher finanziell unterstützt hatte, ein erstes Entmündigungsverfahren gegen seinen Sohn, woraufhin Willy zeitweise in die psychiatrischen Anstalten Gießen und Goddelau eingeliefert wurde.

Willy verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Zeichner, Grafiker, Schriftsteller und Komponist. Er vertonte u. a. Gedichte von Stefan George, Friedrich Hölderlin und Karl Wolfskehl, zu dem er seit der gemeinsamen Schulzeit einen engen Kontakt pflegte. Die Bayerische Israelitische Gemeindezeitung berichtet noch am 15. November 1934 von Walthers neuen Gesängen nach Texten von Karl Wolfskehl – darunter das Lied „Vom Nebo“, welches die Konzertsängerin Ruth Krisch-Arndt im jüdischen Musikverein Breslau „mit ganz großem Erfolg“ aufgeführt hat (Brief vom 26. Februar 1935 an Karl Wolfskehl, Literaturarchiv Marbach).

1936 wurde die „tragische Dichtergestalt“ Wilhelm Walther aus der Schweiz ausgewiesen, beim Grenzübertritt verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen. Drei Koffer mit einer Auflistung der „überzähligen Effekten“ wurden vom Konzentrationslager Dachau nach Darmstadt in das elterliche Haus in der Martinstraße 40 geschickt. Am 28. September 1939 wurde Willy in das Konzentrationslager Mauthausen überführt; in der Lagerliste wurde er unter der Berufsbezeichung „Künstler“ registriert. Am 24. Februar 1940 bekam seine Mutter ein Telegramm, in dem ihr sein Tod „am heutigen Tag“ mitgeteilt wurde.

Wilhelm Walther veröffentlichte mehrere Lyrik- und Novellenbände wie die Heinrich Vogeler zugeeigneten Gestalten und Stunden oder den 1920 in Heidelberg verlegten Gedichtband Brosamen, der nach seinem Erscheinen beschlagnahmt wurde. Sein von Emil Preetorius geschaffenes Exlibris zeigt ihn als Wanderer, der in die Ferne blickt; auf der Suche nach Anerkennung, einsam, ohne finanzielle Mittel und meist ohne festen Wohnort. Rainer Maria Rilke gegenüber hat er als Wohnort „auf Reisen“ angegeben. Wilhelm Walther schrieb „Verse von dunkler Süße, von seltsam-bezwingendem Klang, wie fremdländische Musik von bestrickendem Reiz, der mit Worten nicht wiederzugeben ist, dessen geheimem Zauber aber sich niemand entziehen kann, dessen Ohr offen ist auch für den leisesten und zartesten Klang. Ein Dichter eigener Art, niemandem vergleichbar!“ (Emil Böhmer, in: Wilhelm Walther: Sein dichterisches Werk (Köln 1925)).

Und heute rührt die Leier dir Apoll und reicht zum Tranke dir geschliffene Schale.
Was hörst und trinkst du nicht? Wie viele Male erklang Musik für dich: Dur oder Moll
(aus: An Anna Maria von Wilhelm Walther)

Michael Hagemann, Interpret der Werke von Wilhelm Walther

Position im Raum