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Adolf Stirm 1903 - 1940 Bearbeiten

Geboren 16.3.1903 in Rielingshausen
Gestorben 24.2.1940 in Mauthausen

Biografie

Der Landwirt Adolf Stirm aus Rielingshausen am Neckar, heute zur Schillerstadt Marbach gehörend, bekannte sich 1932 zu den Bibelforschern (Zeugen Jehovas). Er war unverheiratet und arbeitete auf verschiedenen Bauernhöfen als Gutsverwalter. Sein Vater Jakob Stirm, ein Bauer und Weingärtner, starb bereits 1917. Die Mutter Caroline erzog ihn zu einem tiefgläubigen Christen und er musste ihr mehrfach versprechen, dass er die „Gebote des Schöpfers“ halten würde. Von ihr erhielt er als junger Mann auch verschiedene religiöse Schriften.

Da Adolf Stirm nach dem Verbot der Glaubensgemeinschaft durch die Nationalsozialisten weiterhin als Zeuge Jehovas tätig war und religiöse Schriften verteilte, wurde er am 29. März 1936 ein erstes Mal verhaftet. Anfang 1937 verurteilte ihn das Sondergericht Stuttgart zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten, die er verbüßte.

Für den 3. August 1938 wurde er zu einer Waffenübung zum Flak-Regiment 25 nach Ludwigsburg einberufen. Der 35-Jährige fuhr nach Ludwigsburg und erschien bei der Einheit. Als er eingekleidet werden sollte, verweigerte er die Annahme eines Stahlhelms und eines Seitengewehrs. Bei der zwei Tage später festgesetzten Vereidigung lehnte er auch diese ab. Er begründete seine Verweigerung damit, dass „Waffentragen und Schwören durch die christliche Lehre verboten“ sei. Auch durch das Zureden des Hauptmanns und eines Wehrmachtpfarrers, ließ er sich nicht umstimmen.
Adolf Stirm wurde daraufhin dem Luftwaffengericht München zugeführt, das eine psychiatrische Begutachtung beim Standortlazarett in München anordnete. Der Gutachter hielt Stirm zwar wegen dessen „weltfremder Einstellung“ für eine „psychopathische Persönlichkeit“, aber offensichtlich war er rechtlich für sein Handeln „voll verantwortlich“. Das Kriegsgericht verurteilte ihn am 4. Oktober 1938 zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe, die er im Wehrmachtgefängnis Germersheim verbüßte.

Nach der Freilassung nahm ihn die Gestapo erneut fest und beantragte beim Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin einen Schutzhaftbefehl. Dieser Haftbefehl, datiert auf den 22. August 1939 und unterzeichnet von SD-Chef Reinhard Heydrich, enthielt als Begründung: „Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem auf Grund seines Vorlebens und seiner noch unbelehrbaren Einstellung zu befürchten steht, er werde sich auch weiterhin illegal f. d. Irrlehre der IBV betätigen.“

Adolf Stirm soll zunächst im KZ Welzheim inhaftiert worden sein und wurde am 15. September 1939 mit der Haftnummer 35668 als Zugang im KZ Dachau registriert. Am 27. September überstellte man ihn in das Lager Mauthausen. Im Winter 1939/40 erkrankten durch die unmenschlichen Bedingungen tausende Häftlinge an Lungenentzündung, Ruhr oder Typhus und litten an Unterernährung. Adolf Stirm gehörte zu ihnen. Glaubensgenossen, die mit ihm im Lager waren, berichteten später von „einem elenden Hinsiechen“ im Seuchenblock. Laut Sterbeurkunde und Totenbuch ist er am 24. Februar 1940, um 2 Uhr, an Lungenentzündung, Herz- und Kreislaufschwäche verstorben.

Sein Heimatort Rielingshausen bereitete Adolf Stirm ein ehrendes Gedenken durch die Verlegung eines Stolpersteins an seiner letzten Wohnanschrift. Der Kölner Künstler Günter Demnig verlegte den Stein mit Messingplakette am 29. Juni 2019 in Marbach-Rielingshausen in der Lange Straße 15.

Marcus Herrberger,

Zeitgeschichtsforscher zu den Themen Kriegsdienstverweigerung und Verfolgung religiöser Minderheiten unter dem Nationalsozialismus und Autor verschiedener Publikationen zur Militärjustiz im Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie zur Rehabilitierung von NS-Opfern.

 

Quellen:

Sterbeurkunde Adolf Stirm, Mauthausen, 1.1.26 / Sig. 8113700 / ITS Digital Archiv, Arolsen Archives.

Totenbuch 1940, Nr. 872, Adolf Stirm, Mauthausen, 1.1.26.1 / Sig. 8110199 / ITS Digital Archiv, Arolsen Archives.

Anklageschrift des Luftwaffengerichts München vom 27. September 1938.

Schutzhaftbefehl der Geheimen Staatspolizei Berlin, vom 22. August 1939.

Bauser Thomas / Hild, Paul: Das Ortsbuch von Rielingshausen - 776 erstmals erwähnt. Seit 1972 Ortsteil v. Marbach a. N., 2. erw. Aufl., Ludwigsburg 1973, S. 377.

Gedenkstätte Dachau.

Marbacher Zeitung – Bottwartal Bote, 17. März 2019: „Stolperstein wird im Juni verlegt“.

Stadt Marbach am Neckar, Mitteilungsblatt für den Stadtteil Rielingshausen, Jg. 2019, Nr. 27, 5. Juli 2019, S. 3.

Marcus Herrberger (Hg.): Denn es steht geschrieben: „Du sollst nicht töten!“ Die Verfolgung religiöser Kriegsdienstverweigerer unter dem NS-Regime mit besonderer Berücksichtigung der Zeugen Jehovas (1939-1945), Schriftenreihe Colloquium Bd. 12 (Wien 2005).

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