Józef Zieleniecki 1916 - 1945 Bearbeiten
Geboren 24.1.1916 in Moskwa
Gestorben 29.3.1945 in Ebensee
Biografie
Vor dem Krieg haben meine Eltern in Prużany gewohnt. Im Herbst 1942 wurde ein Ghetto eingerichtet. Die jüdischen Einwohner wurden aus ihren Wohnhäusern getrieben und auf dem mit Stacheldraht eingegrenzten Territorium untergebracht. Es gab Plünderungen und Pogrome. Die Juden, die widerstanden, wurden an Ort und Stelle erschossen. Unter den Vertriebenen waren auch meine Eltern. Meine Eltern hofften aber auf eine Verbesserung der Situation in Prużany und baten Bekannte, mich zu verstecken. Ich wurde von einer Familie aufgenommen, die wir gut kannten. Diese Leute versorgten unsere Familie mit Milchprodukten, und wir waren sehr gut befreundet. Also befand ich mich ich in der Ghetto-Zeit acht Kilometer von Prużany entfernt.
Als Säugling war ich von meinen Eltern getrennt. Ich war damals vier Monate alt. Nach dem Krieg sollte die Familie, die mich untergebracht hatte, mein weiteres Schicksal besiegeln. Da ich keine Eltern hatte, war ich praktisch ein Waisenkind. Die Polizeiverwaltung in Prużany beschloss, mich in einem Säuglingsheim zu unterbringen. Aber eine Polizeibeamtin adoptierte mich. Ich lebte in einer fremden Familie unter einem fremden Namen und wusste gar nichts von mir.
Als Erwachsene wollte ich Menschen finden, die meine Eltern gekannt und die schrecklichen Jahre des Krieges miterlebt hatten. Ich war mehrmals in Prużany und in dem Ort, wo ich versteckt wurde. Aber ich hatte keine Dokumente aus der damaligen Zeit. Einige Angaben über meine Eltern habe ich durch Erzählungen von anderen Leuten erfahren. Da ich schon den Familiennamen, den Beruf und den Wohnort vom meinem Vater wusste, wandte ich mich an Archive. Aber die Antworten waren immer schnell und kurz: „Dokumente sind nicht erhalten“. All das war sehr schmerzlich für mich. Mein Herz war in Trauer.
Ich habe Anfragen an die amerikanische Zeitschrift „TOK“ sowie an die Mormonen-Archive und andere Archive gerichtet. Aber alle Versuche, meine Angehörigen zu finden, waren umsonst.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion durften Privatpersonen an Archivdokumente herankommen. Im Lokalarchiv habe ich Dokumente aus der Vorkriegszeit gefunden. Sie waren nicht vollständig. Manche Dokumente lagen in der polnischen Fassung vor. Das waren Angaben über meinen Großvater und seine Familie. Der Großvater war Allgemeinarzt und hatte eine eigene Praxis in Prużany.
Die eingescannten Dokumente über meinen Vater Józef Zieleniecki wurden mir vom polnischen Konsulat zur Verfügung gestellt. Die Dokumente stammen aus dem Archiv des Musikkonservatoriums F. Chopin in Warschau. Laut den Dokumenten war mein Vater Student des 4. Studienjahres und gleichzeitig machte er seine Praxis im Warschauer Krankenhaus in der Chirurgischen Abteilung.
Dokumente über den Tod meiner Eltern habe ich zunächst nicht gefunden. Ich wandte mich an den ITS (Arolsen Archives) in Deutschland. Der ITS stellte mir ein Dokumentenpaket zur Verfügung, das Informationen über die Verfolgung des Naziregimes in Prużany beinhaltete, darunter die Information über die Internierung meines Vaters Józef Zieleniecki und seines Bruders Lazar Zieleniecki.
Im KZ Auschwitz-Birkenau wurden die jungen Arbeitskräfte für Arbeiten in Kalkgruben und die anschließende Vernichtung ausgesucht und über Mauthausen nach Ebensee geschickt. Die chemische Zusammenstellung von Kalk vernichtet alles Fleisch. Die Gefangenen, die in Kalkgruben arbeiteten, erkrankten an Tuberkulose und starben daran. Laut den Angaben des ITS wurden die Gefangenen auf dem katholischen Friedhof Goisern beigesetzt.
Sie waren ganz jung. Mein Vater war 29, und sein Bruder nur 20 Jahre alt. Ihre Jugendzeit bestand aus den grausamen Kriegsjahren des 20. Jahrhunderts. Ich war das erste und das letzte Kind meiner Eltern. Der Krieg raubte mir die Elternliebe und ein gemütliches Heim.
Mein Lebenslauf in den letzten vergangenen 50 Jahren ist nicht kurz. Ich habe in den vergangenen 50 Jahren verschiedene Archivmaterialien eingeholt und bin weiterhin dabei. Man könnte schon ein Buch schreiben.
Es war nicht einfach, Archive anzufragen, wo totalitäre Regime geherrscht hatten. Auch jetzt gibt es noch Schwierigkeiten, die biologische Abstammung nachzuweisen.
Galina Georgizova, Tochter