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Giuseppe Pagano Pogatschnig 1896 - 1945 Bearbeiten

Geboren 20.6.1896 in Parenzo / Poreč
Gestorben 22.4.1945 in Mauthausen

Biografie

Giuseppe Pagano Pogatschnig ist einer der bedeutendsten Vertreter der italienischen Architektur der 1930er-Jahre. In Istrien geboren, meldet er sich zum italienischen Heer, obwohl er Bürger der österreichisch-ungarischen Monarchie ist. Nach dem Ersten Weltkrieg macht er sich die faschistische Ideologie zu eigen, in deren revolutionären Aufrufen er ein Mittel gegen die italienische Rückständigkeit sieht. Er schließt sein Studium in Turin ab, wo er seine ersten innovativen Projekte realisiert. 1931 zieht er nach Mailand, um dort die Architekturzeitschrift La Casa Bella, später Casabella, zu leiten, auf deren Seiten er die rationalistische Architektur gegen den demonstrativen Monumentalismus des Regimes hochhält. Das Institut für Physik der Universität Rom und der Sitz der Universität Bocconi in Mailand sind seine wichtigsten Bauten. Gegen Ende der 1930er-Jahre wird ihm bewusst, dass der Faschismus seine Hoffnungen nicht erfüllen kann, und der Krieg, an dem auch er in Albanien und Griechenland teilnimmt, enthüllt ihm den propagandistischen Charakter dieser zum Scheitern verurteilten politischen Weltanschauung. Nach seiner Rückkehr tritt er aus der Partei aus und wird zur technischen Marinetruppe nach Carrara überstellt. Dort nimmt er Kontakt zu den antifaschistischen Untergrundorganisationen auf. Nach dem Fall Mussolinis schlägt er sich auf die Seite des bewaffneten Widerstands, aber am 9. November 1943 wird er festgenommen und in Brescia inhaftiert. Hier verbringt er acht Monate, und in dieser Zeit widmet er sich sowohl dem großen Projekt einer experimentellen Stadt, als auch der Vorbereitung seiner Flucht, die er dann tatsächlich zusammen mit 260 anderen Gefangenen durchführt, als sie die Gelegenheit eines Bombenangriffs nutzen. In Mailand nimmt er den Kontakt zum organisierten Widerstand wieder auf. Im September wird er aufs Neue inhaftiert, diesmal in einem Gefängnis festgesetzt, das als Villa Triste bekannt war, wo er mit überraschendem Mut den Foltermethoden der Aufseher widersteht. Im Monat darauf wird er in das Mailänder Gefängnis überstellt. Ihm wird bewusst, dass sein Schicksal in Italien besiegelt ist. Daher meldet er sich zum Arbeitseinsatz in Deutschland, in der Absicht, während des Transports zu fliehen, was aber nicht gelingt. Am 22. November wird Pagano in Mauthausen mit dem roten Winkel der politischen Häftlinge interniert. Zehn Tage später muss er in den Stollen von Melk Zwangsarbeit leisten. Während eines Aufenthalts im Krankenrevier vermag er immer noch über seine Vision einer menschengerechten Stadt und das Projekt eines Fertigteilhauses nachzudenken. Ende Februar muss er wieder zurück zur Zwangsarbeit in die Stollen, wo er immer wieder die Schläge eines Aufsehers über sich ergehen lassen muss. In der Folge erleidet er eine schwere Lungenentzündung. Anfang April, nach der Auflösung des Außenlagers Melk wegen des Herannahens der Russen, wird er wieder nach Mauthausen überstellt, wo er am 22. April 1945 stirbt. Ein Freund kann seinen Abschiedsbrief nach Italien bringen.

Er schreibt seiner Frau: „Paola, ich schicke dir meinen Gruß. Es kann sein, das unser schönes, so überglückliches gemeinsames Leben endgültig vorbei ist. Sei stark, weine nicht zu sehr und sei stolz auf mein großmütiges Leben. Ich zahle mit meinem Leben … Setz alles daran, wieder zu Kräften zu kommen und lass dich nicht von der Trauer überwältigen. Das Leben wird dir wieder Freude schenken, und das wird mich glücklich machen. Küsse unsere Tochter von mir: Auf dass sie eine bessere Welt sehen möge.“

Und seinem Freund: „Lieber Palanti, dies ist das Klagelied deines brüderlichen Freundes und Kollegen. Die letzte Botschaft des ehemaligen GPP: Es ist sehr wahrscheinlich, dass mich diese doppelseitige Lungenentzündung umbringen wird. Ich denke an dich als Freund, der mehr als irgendein anderer mein geistiges Erbe pflegen kann … Ich hatte so viele Träume, so viele Pläne und so viele begründete Hoffnungen. Alles vorbei! Euch steht es zu, den eingeschlagenen Weg auf gute und bessere Weise weiterzugehen. Lebe wohl.“

Paola Franceschini

Paola Franceschini ist Philosophin und Kunsthistorikerin und lebt in Brescia (Italien).

 

Aus dem Italienischen von Camilla Brunelli

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