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Wiktor Ormicki 1898 - 1941 Bearbeiten

Geboren 1.2.1898 in Kraków
Gestorben 17.9.1941 in Gusen

Biografie

Geboren am 11. Februar 1898 in Krakau, als Sohn von Fryderyk Wilhelm Nussbaum, Jurist und Bahnbeamter, und seiner Gattin Salome, geb. Ameisen. Wiktor hatte drei jüngere Geschwister: die Brüder Witold und Włodzimierz sowie eine Schwester namens Wanda. In Krakau besuchte er die Grundschule des hl. Nikolaus, danach das III. k.u.k. Gymnasium (das spätere Jan III. Sobieski-Gymnasium). Am 6. Mai 1916 legte er „mit Auszeichnung“ die Matura ab, die ihn zum Studieren an akademischen Schulen berechtigte.

Zwei Wochen später, am 19. Mai 1917, wurde er zur Armee einberufen und nahm an der russischen, rumänischen und italienischen Kampagne teil. In der kaiserlichen Armee blieb er bis 1918 und verließ sie am 20. Oktober mit dem Dienstgrad eines Unterleutnants. Am 26. November 1918 schrieb er sich an der juristischen Fakultät an der Jagiellonen-Universität ein. Er studierte fortan bis Ende des Wintersemesters 1919/20. Dann unterbrach er sein Studium, um in die polnische Armee einzutreten. Er nahm an den Kämpfen um Lwów (Lemberg) sowie am Polnisch-Sowjetischen Krieg teil. Für die Verteidigung von Lwów und Przemyśl wurde er mit Sonderauszeichnungen geehrt. Auf eigenen Wunsch verließ er die Armee am 31. März 1922 im Rang eines Leutnants. Anschließend inskribierte er für das dritte Trimester des Studienjahres 1921/22 ein, diesmal wählte er allerdings Geographie als Hauptfach. Der Eintragung erfolgte am 12. April 1922. Ormicki gab die Rechtswissenschaften zugunsten der Geographie unter Einfluss von Professor Ludomir Sawicki auf, den er im Jahre 1921 kennengelernt hatte. Sawicki hatte zu jener Zeit eine wissenschaftliche Expedition nach Polesien organisiert und Ormicki vorgeschlagen, daran teilzunehmen. Zusätzlich zu Geographie studierte Ormicki auch Geologie, Statistik sowie Volkswirtschaft.

Er war im Geographenzirkel der Jagiellonen Universität aktiv. Im Studienjahr 1922/23 fungierte er als dessen Sekretär und dann über zwei Jahre lang als Präsident. Er hielt Vorträge und organisierte als Fremdenführer Exkursionen. In den Jahren 1921 bis 1939 war er Sachleiter von 17 Exkursionen des Zirkels in unterschiedlichste Regionen, vor allem in die Karpaten und in die Gebiete an der polnischen Ostgrenze. Mit dem Beginn seiner Tätigkeit in diesem Zirkel hat auch die „Epoche“ seiner langen Wanderungen, oft über einige Hundert Kilometer, begonnen. Im Jahre 1927 würdigte ihn der Zirkel mit der Ehrenmitgliedschaft. Eine von ihm geleitete Studentengruppe führte im Jahre 1929 die ersten Vermessungen des Litworowy Staw Białowodzki (deutsch: Litvorovy-See, slowakisch: Litvorové pleso) im slowakischen Teil der Hohen Tatra durch. Ein wichtiges Ereignis in seinem Leben war der Entschluss, seinen Geburtsnamen Nussbaum in Ormicki zu ändern (1924). Höchstwahrscheinlich hatte ihn dabei seine Studienkollegin Maria Irena Czałczyńska stark beeinflusst, die er am 22. November 1924 heiratete. Die Familie Ormicki hatte zwei Söhne: Andrzej und Jacek.

Noch während des Studiums arbeitete Wiktor Ormicki im Geographischen Institut als Volontär (1922–1923). Danach wurde seine Anstellung als jüngerer Vertragsassistent weiter verlängert (1923–1924). Bis zum Abschluss seines Studiums (1926) arbeitete er noch als sogenannte wissenschaftliche Hilfskraft (1924–1926).

Am 30. Juni 1926 promovierte er auf der Grundlage seiner Dissertation Eksport drewna w górnym polskim dorzeczu Dunajca i Popradu (Holzexport im oberen polnischen Einzugsgebiet von Dunajec und Poprad) und erwarb den Doktorgrad. Am selben Tag promovierte auch seine Frau Maria Irena. In beiden Fällen war Professor Ludomir Sawicki der Doktorvater. Nach der Promotion wurde Ormicki dessen Assistent. Seine vollständige Unabhängigkeit erlangte er allerdings erst nach der Habilitation (1930). Er wurde erster Assistent und 1935 Adjunkt. Seine letzte Ernennung ist auf den 26. Januar 1938 datiert und galt bis 31. Januar 1941. Zeitgleich mit der Beförderung übernahm Ormicki die Pflichten des sogenannten Verwalters des Institutes. Nach dem Tod von Prof. Ludomir Sawicki überwachte er zusätzlich die Instandsetzung des Gebäudes „Altes Arsenal”.

Neben seiner Tätigkeit am Geographischen Institut hielt er auch Vorlesungen an der Szkoła Nauk Politycznych UJ (Schule der Politischen Wissenschaften der Jagiellonen-Universität) sowie an der Fakultät für Landwirtschaft der Jagiellonen Universität. Im Jahre 1927 wurde er Mitglied der Geographischen Kommission der Polska Akademia Umiejętności (PAU, Polnische Akademie der Gelehrsamkeit). Seine Habilitationsschrift Życie gospodarcze Kresów Wschodnich Rzeczypospolitej Polskiej (Wirtschaftsleben der Ost- und Nordostdistrikte der Republik Polen) wurde im Jahre 1929 veröffentlicht. Rezensenten waren J. Smoleński und A. Heydl. Die Habilitation wurde am 20. November 1930 bestätigt. Ormicki wurde die Venia Legendi (Lehrbefugnis) auf dem Gebiet der Wirtschaftsgeographie zuerkannt. Seine Habilitationsschrift wurde im Jahre 1929 mit dem Preis der Polska Komisja Międzynarodowej Współpracy Intelektualnej (Polnische Kommission für internationale geistige Zusammenarbeit) ausgezeichnet, wodurch sie auf der Liste der 20 besten polnischen literarischen Werke des Jahres angeführt wurde. Im Mai 1938 wurde Ormicki vom Rektor der Jagiellonen Universität mit der Bronzemedaille für seine langjährige Arbeit ausgezeichnet.

Zum Jahreswechsel 1938/1939 war die wissenschaftliche Position von Ormicki sowohl in Polen als auch in Europa gefestigt. Die Mitglieder des Fakultätsausschusses fassten am 15. Juni 1928 einstimmig den Beschluss, Ormicki zum ordentlichen Professor zu ernennen. Diese Angelegenheit wurde am 23. Juni 1939 vom Rat der Philosophischen Fakultät geprüft, der die Besprechung der Ernennung auf die Septembersitzung des Rates verschoben hatte. Obwohl nach den Sommerferien, Anfang Oktober, eine derartige Sitzung stattfand, mussten dort andere Themen besprochen werden. In dieser Hinsicht kann die Entscheidung des Fakultätsausschusses als gleichbedeutend mit einem offiziellen Entschluss der Staatsbehörden betrachtet werden.

Das wissenschaftliche veröffentlichte Werk von Ormicki umfasst 361 Publikationen: 150 wissenschaftliche Abhandlungen, 36 kurze enzyklopädische Einträge; 175 Rezensionen. Sein Debüt als Autor feierte er 1922 mit der Veröffentlichung eines Berichts über die von ihm durchgeführte Exkursion des Geographischen Zirkels nach Podole und Pokucie, herausgegeben in der Zeitschrift Orli Lot (Adlerflug).

Unter seinen Forschungsarbeiten überwiegen Publikationen zu Bevölkerungsfragen im weitesten Sinne (48 Publikationen), außerdem Arbeiten aus dem Bereich der Wirtschaftsgeographie (24), der Regionalgeographie (17), der Geographie der Landwirtschaft und der Dörfer (15), im Bereich Landeskunde und Tourismus (9), der physischen Geographie (7) sowie der Didaktik von Geographie und Lehrtätigkeit (6).

Im Bereich der Wirtschaftsgeographie war Ormicki zu jener Zeit einer der wichtigsten Forscher Polens. Neben den Problem- und Regionalarbeiten versuchte er ebenfalls, die geographisch-wirtschaftliche Methodologie zu umreißen: Rozwój polskiej myśli geograczno-gospodarczej 1932 (Die Entwicklung des polnischen geographisch-wirtschaftlichen Gedankenguts), Przyczynek do metodologii geograczno-gospodarczej 1934 (Beitrag zur geographisch-wirtschaftlichen Methodologie), Kapitał pieniężny jako przedmiot badań geografii gospodarczej 1935 (Monetäres Kapital als Gegenstand der wirtschaftsgeographischen Forschungen). Ausführliche Untersuchungen betrafen u. a. Bevölkerungsfragen [Przyczynek do demogeograi Wołynia 1933 (Beitrag zur Demogeographie von Wołyń), W sprawie naukowych podstaw polskiej polityki ludnościowej 1936 (Zur Angelegenheit der wissenschaftlichen Grundlagen der polnischen Bevölkerungspolitik), Granice współczesnej pojemności ludnościowej w województwie krakowskim 1937 (Die Grenzen der gegenwärtigen Bevölkerungskapazität in der Wojewodschaft Krakau), Problemat ludnościowy w Polsce 1937 (Bevölkerungsproblematik in Polen), Polska polityka ludnościowa 1938 (Polnische Bevölkerungspolitik), Population problems in Poland 1938 (Bevölkerungsprobleme in Polen), O polski program ludnościowy 1939 (Das polnische Bevölkerungsprogramm)], die Problematik im Bereich der Nationalität und des Glaubens [Szanse zmian w strukturze wyznaniowej w Polsce 1936 (Chancen auf Veränderung in der Glaubensstruktur in Polen), Warunki i możliwości emigracji żydowskiej 1937 (Bedingungen und Chancen der jüdischen Emigration)], die Ansiedelung im ländlichen Bereich [Zewnętrzne oblicze wsi polskiej 1929 (Das äußere Erscheinungsbild des polnischen Dorfes)], Industriegeographie [Podział i uprzemysłowienie Polskich Kresów Wschodnich 1930 (Aufteilung und Industrialisierung der östlichen polnischen Grenzgebiete), Zakład przemysłowy przedmiotem badań geogracznych 1934 (Industriebetrieb als Gegenstand der geographischen Forschungen), Z geografii przemysłu Krakowa 1935 (Von der Industriegeographie Krakaus)], die Geographie der Städte [Szkic geografii gospodarczej Tarnowa i okolicy 1930 (Skizze über die Wirtschaftsgeographie von Tarnów und Umgebung), Badania strefy wpływu w geograi miast 1932 (Untersuchung des Einflussbereichs in der Geographie der Städte), Miasto jakoprzedmiot badań geografii 1932 (Die Stadt als Gegenstand geographischer Forschung), Miasta w województwie białostockim 1938 (Städte in der Wojwodschaft Białystok)], Geographie der Landwirtschaft [Rola geografii rolniczej w planowaniu obrony państwa 1937 (Die Rolle der landwirtschaftlichen Geographie bei der Planung der Landesverteidigung)], Regionalismus [Regionalizm demogeograczny Polski 1932 (Demogeographischer Regionalismus in Polen), Regionalizm gospodarczy w Polsce 1934 (Wirtschaftsregionalismus in Polen)]. Wertvoll sind seine Abhandlungen im Bereich der Geographie der Dienstleistungen, der regionalen Geographie oder auch der Kommunikationsgeographie, sowie Arbeiten zur Problematik der polnischen Kolonien (1936, 1937).

1938 erschien von Ormicki die Arbeit Naturalny obrót ludności (Natürlicher Bevölkerungsverkehr). Manche der heutigen Geographen (A. Jelonek 2011) lenken ihre Aufmerksamkeit auf die große Ähnlichkeit der Idee der Klassifizierung der Gebiete hinsichtlich der Bestandteile der Bevölkerungsbewegungen in der Abhandlung von Ormicki und der Studie von J. W. Webb The natural and migrational components of population changes in England and Wales 1921–1931 (Die natürlichen und Migrationskomponenten bei den Bevölkerungsveränderungen in England und Wales), welche im Jahre 1963, also 25 Jahre nach der Arbeit des Krakauer Geographen erschienen ist. Neben seinen Veröffentlichungen hat Ormicki eine Vielzahl von Studien in Form von handgeschriebenen bzw. maschinengeschriebenen Texten hinterlassen, die nie publiziert wurden. Sie befinden sich in verschiedenen polnischen Archiven.

Ormickis Studien zeichnen sich durch einen hohen Grad angewandter Forschung aus. Eine Vielzahl führte er auf Bestellung bestimmter Auftraggeber durch, wie einige Studien über Bevölkerung sowie Landwirtschaft, die im Auftrag des Krakowski Urząd Wojewódzki (Amt der Wojewodschaft von Kraków), der Krakowska Izba Przemysłowo-Handlowa (Wirtschafts- und Industriekammer von Kraków) sowie der Krakowska Izba Rolnicza (Landwirtschaftskammer von Kraków) realisiert wurden. Wieder andere Studien führte er im Auftrag der Izba Rzemieślnicza (Handwerkskammer) in Kraków durch: Rzemiosło w Okręgu Izby Rzemieślniczej w Krakowie 1936 (Handwerk im Bezirk der Handwerkskammer in Kraków). Auf Antrag der Liga Morskiej i Kolonialna (See- und Kolonialliga) in Krakau leitete Ormicki Forschungen über demographische und geographisch-wirtschaftliche Bedingungen der polnischen Emigration ein. Einen ähnlichen Anwendungswert hatten alle Studien, die am Instytut Spraw Narodowościowych (Institut für Nationale Angelegenheiten) durchgeführt wurden. Die dort entstandenen Studien bildeten eine sachliche Untermauerung der von den staatlichen Behörden geführten Nationalitätenpolitik.

Ormicki beteiligte sich auch rege an den Aktivitäten, die die sich entwickelnde Raum- und Regionalplanung unterstützten. Er nahm an Forschungen zur Łemkowszczyzna (Lemkenland) teil. Er bearbeitete die Studie Życie gospodarcze Łemkowszczyzny (Das Wirtschaftsleben des Lemkenlandes) samt Atlas. Diese Arbeit ist leider verlorengegangen.

Im Jahre 1923 begann L. Sawicki mit der Herausgabe der Monatszeitschrift Wiadomości Geograficzne (Geographische Nachrichten). Diese Zeitschrift war das offizielle Organ der Krakauer Abteilung der Polnischen Gesellschaft für Geographie (PTG), und ab 1927 auch des Hauptvorstandes der PGT (neben der dem Przegląd Geograficzny (Geographische Presseschau)). Von Anfang an war Ormicki der engste Mitarbeiter von Sawicki bei der Schriftleitung und Herausgabe der „Geographischen Nachrichten“. Im Jahre 1924 begann er, in dieser Zeitschrift eine bibliographische Übersicht über geographische Publikationen zu veröffentlichen. Dieser Teil wurde systematisch ausgebaut und erschien schließlich ab 1935 in Form der getrennten Zeitschriftenbeilagen Bibliograi geografi (Bibliographie der Geographie). Nach dem tragischen Tod von Sawicki im Oktober 1928 wurde Ormicki Chefredakteur der Zeitschrift.

Er arbeitete außerdem auch im Bereich des Wyższe Studium Handlowe (Höheres Handelsstudium, später Handelsakademie, 1933–1938) in Krakau sowie am Instytut Pedagogiczny (Pädagogisches Institut) in Katowice (1928–1931). In diesem Institut war er sehr aktiv, wobei er sich nicht nur auf die didaktische Arbeit beschränkte. Er gründete dort eine Geographische Werkstatt und organisierte in deren Rahmen methodisch-geographische Kurse für Lehrer unterschiedlicher Schulstufen in Górny Śląsk (Oberschlesien), hielt Vorlesungen und organisierte Exkursionen.

Ab 1927 hielt Ormicki Vorlesungen im Bereich der Wirtschaftsgeographie an der Wolna Wszechica Polska (Freie Universität Polens) sowie beim Studio Migracyjno-Kolonialne (Studienbereich Migration und Kolonien) in Warszawa.

In der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre leitete er jährlich einen zehntägigen Vortragszyklus im Bereich Wirtschaftsgeographie an der Wydz. Matematyczno-Przyrodniczy der Uniwersytet Stefana Batorego (Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften an der Stefan-Batory-Universität) in Wilno (Vilnius). Ab 1938 leitete er Vorlesungen zur Emigrations- und Siedlungspolitik im Rahmen des Studio Dyplomatyczne der Uniwersystet Jana Kazimierza (Diplomatisches Studium der Jan-Kazimierz-Universität) in Lemberg. Für das Studienjahr 1939/40 hatte er an dieser Universität sogar einen Arbeitsvertrag unterschrieben.

Ende des Jahres 1934 nahm er die Arbeit am Instytut Badań Spraw Narodowościowych (Institut zur Erforschung von Bevölkerungsangelegenheiten) in Warschau auf. Dieses Institut wirkte beim Präsidium des Ministerrates. Dort bekleidete er die Position des Leiters der Wydz. Populacyjno-Migracyjnego (Fakultät für Bevölkerung und Migration). Zu seinen Verdiensten zählt der Start der Publikationsreihe Prace Wydziału Populacyjno-Migracyjnego Instytutu Badania Spraw Narodowościowych (Arbeiten der Fakultät für Bevölkerung und Migration des Instituts zur Erforschung von Nationalitäten-Angelegenheiten) im Jahre 1937. Bis Sommer 1939 erschienen sieben Bände, drei davon wurden von Ormicki verfasst.

Im Jahre 1936 verknüpfte Ormicki die Zusammenarbeit mit dem Inst. Gospodarczy Ziem Wschodnich (Wirtschaftsinstitut der östlichen polnischen Grenzgebiete), als Mitglied im Rada Nauk (Wissenschaftsrat) dieses Institutes wirkte er in der Gesellschaft der Entwicklung der Ostgrenzgebiete. Das Institut war bei der Tow. Rozwoju Ziem Wschodnich (Gesellschaft für die Entwicklung der östlichen polnischen Grenzgebiete) angesiedelt. Er leistete einen aktiven Beitrag im Komitet Badań Naukowych Ziem Górskich (Komitee für Wissenschaftliche Studien der Berggebiete) bei der Polska Akademia Umiejetności (PAU) (seit 1937) und war im Komitet Wydawnictw Śląskich PAU (Komitee der Schlesischen PAU-Verlagshäuser) aktiv, wo er gemeinsam mit J. Smoleński für geographische Veröffentlichungen verantwortlich war.

Sein internationales Debüt war mit dem I. Zjazd Słowiańskich Geografów i Etnografów (1. Kongress der Slawischen Geographen und Ethnologen, Prag 1925) verbunden. Auch bei der nächsten Versammlung 1927 in Polen zeichnete er sich durch außergewöhnliche Aktivität aus. Der darauffolgende Kongress fand 1930 in Belgrad statt. Er war aktiver Teilnehmer am XIV Kongres Międzynarodowej Unii Geograficznej (14. Kongress der Internationalen Geographischen Union, Warszawa, 23.–31. August 1934). Zu seinen besonderen Verdiensten zählt vor allem der Kongressführer La Silésie Polonaise (Das polnische Schlesien), welchen er zusammen mit J. Smoleński (1934) verfasste. Dieser Führer wird bis zum heutigen Tage geschätzt und in der Literatur zitiert.

Er nahm ebenfalls an der XVIII. Sesja Międzynarodowego Instytutu Statystycznego (18. Sitzung des Internationalen Statistikinstitutes, Warszawa 1929) teil. Im Jahre 1937 gehörte er zu den Teilnehmern am Międzynarodowy Kongres Demograczny (Internationaler Demographischer Kongress) in Paris, und 1939 nahm er am Międzynarodowy Kongres Rolnictwa Tropikalnego (Internationaler Kongress zur Tropenlandwirtschaft) in Libyen teil. Auf dem Weg nach Libyen durchquerte er Italien von Süden nach Norden und unternahm im Rahmen des Kongresses einige interessante Exkursionen. Er war bemüht, an allen nationalen geographischen Kongressen teilzunehmen. Er war Hauptorganisator einer umfangreichen didaktischen Ausstellung, die den I. Zjazd Koleżeński Geografów Krakowskich (1. Versammlung des Freundeskreises der Krakauer Geographen, 2.–3. Februar 1928) begleitete. Er war wesentlich an den Vorbereitungen zum 1. und 2. Zjazd Naukowy Ziem Wschodnich (Wissenschaftlicher Kongress der östlichen polnischen Grenzgebiete, Warszawa, September 1936, Kraków 30.–31. Oktober 1938) beteiligt.

Ormicki gehörte zu jener Gruppe Absolventen der Krakauer Schule, die den direkten Felduntersuchungen einen großen Wert beimaßen. Seine Leidenschaft als Forscher setzte er besonders in den östlichen polnischen Grenzgebieten um. Er war dort ein häufiger Gast und widmete den östlichen polnischen Ostgrenzgebieten seine Habilitation sowie eine Reihe anderer Schriften. Er galt als Autorität und als hervorragender Kenner dieser Region Polens. Im Jahre 1927 überzeugte er J. Smoleński, gemeinsam die Publikation Rocznik Wołyński (Jahrbuch von Wołyń) herauszugeben. Dieses Periodikum erschien unter ihrer Redaktion in den Jahren 1927 bis 1930.

Er war in der 1934 gegründeten Komisja Naukowa Badań Ziem Wschodnich (Wissenschaftliche Kommission der Studien über die östlichen polnischen Grenzgebiete) tätig – in der Lemkenland-Gruppe, die von J. Smoleński geleitet wurde. Im März 1934 begann diese Kommission zusammen mit dem Institut Badań Spraw Narodowościowych (Institut zur Erforschung von Nationalitäten-Angelegenheiten) detaillierte Forschungen über die östlichen polnischen Grenzgebiete. Die abschließende Abhandlung sollte den staatlichen Behörden übergeben werden. Ormicki übernahm die Abhandlung zur Siedlungsfrage sowie zur demographisch-nationalen Problematik.

Er arbeitete auch in der im Jahre 1934 gegründeten wissenschaftlichen Kommission für Forschung der Ostgebiete – in einer Lemkengruppe, die von J. Smoleński geleitet wurde. Im März 1934 begann diese Kommission zusammen mit dem Institut für Forschungen der Nationalitätsangelegenheiten genaue Forschungen der Ostgebiete durchzuführen. Die Schlussbearbeitung sollte den Staatsbehörden übergeben werden. Ormicki verpflichtete sich, die Siedlungs-, Demographische und Nationalitätsproblematik zu verarbeiten.

Großen Wert legte er auf die Ausbildung der Lehrkräfte, welche in verschiedenen Schulstufen und Schularten (Grund-, Mittel- und Berufsschulen) Geographie unterrichteten. Er nahm an Weiterbildungskursen für Geographielehrer teil und hielt seine Ansichten auch in gedruckter Form fest, wie beispielsweise: Zadania nauczyciela w szkole średniej w świetle obserwacji zebranych na Proseminarium Geograficznym U. J. 1928 (Aufgaben eines Lehrers an der Mittelschule im Kontext der beim Geographie-Proseminar der Jagiellonen-Universität gesammelten Beobachtungen) bzw. Na szlakach rozbudowy podstaw geograi szkolnej 1929 (Auf den Wegen des Ausbaus der Grundlagen der Schulgeographie). Im Jahre 1929 organisierte er selbst einen fünfwöchigen Schulungskurs für Grundschullehrer in Wołyń und engagierte sich bei der Arbeit des Ognisko Metodyczne Geograficzne (Methodischer Geographiezirkel) in Kraków. Er versuchte, an allen Kongressen für Geographielehrkräfte teilzunehmen. Ormicki gehörte zu den Hauptorganisatoren des VIII. Zjazd Polskich Nauczycieli Geografii (8. Kongress der polnischen Geographielehrer), welcher am 28. und 29. Mai 1939 in Kraków stattfand.

Er setzte sich für die Verbreitung der Geographie ein. Bereits vor 1928 begann er Vorträge im Radio zu halten und setzte diese Tätigkeit bis zum Sommer 1939 fort. Diese Vortragsreihe spielte eine wichtige Rolle bei der Erweiterung des geographischen Bewusstseins der damaligen Bevölkerung. Er trat in den Radiosendern von Warszawa, Katowice, Kraków und Wilno auf.

Im Rahmen der öffentlichen Vorträge der Jagiellonen-Universität kam er am 25. März 1928 nach Bytom (deutsch Beuthen O.S.), wo er einen Vortrag mit dem Titel Jerozolima (Jerusalem) halten sollte. Während des Vortrages drang eine Gruppe von Banditen aus der Traditionskompanie des Selbstschutzes in den Raum ein. Sie waren mit Gummiknüppeln, Stöcken und Pistolen bewaffnet und attackierten die Teilnehmer. Als Folge einer schweren Körperverletzung hatte Ormicki eine Wunde am Kopf, sein Gesicht war grün und blau geschlagen und zerkratzt, auf dem Rücken und den Händen hatte er Blutergüsse. In dieser Causa gab es scharfen Protest seitens des polnischen Außenministeriums, involviert war ebenfalls der Vorsitzende der Górnośląska Komisja Mieszana (Gemischte Kommission für Oberschlesien), F. Calonder, und indirekt auch die Liga Narodów (der Völkerbund). Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes als Folge der erlittenen Körperverletzung war Ormicki über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben.

Im Sommer 1939 hatte Familie Ormicki Kraków noch vor dem Einmarsch der Deutschen verlassen. Sie erreichten das Dorf Śledziejowice bei Wieliczka (deutsch: Groß Salze), wo sie auf einem örtlichen Gutshof die Angriffe der Deutschen Wehrmacht („September-Kampagne“) abwarteten. Als Dozent an der Jagiellonen-Universität wurde Ormicki nicht zum Militärdienst einberufen, er beschloss jedoch, nach Rumänien zu gehen und erst dort über seine weiteren Schritte zu entscheiden. Es ist nicht bekannt, warum er während seiner Reise seine Pläne verwarf und zu seiner Familie nach Kraków zurückkehrte.

Ormicki befand in jener Gruppe von Professoren, die am 6. November 1939 im Rahmen der sogenannten „Sonderaktion Krakau“ festgenommen wurden. Nach der Inhaftierung in den Gefängnissen in Kraków und Wrocław, wurde er in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt, als Häftling mit der Nummer 5298. Über eine sehr lange Zeit kümmerte er sich fürsorglich um seinen Chef, Professor Smoleński. Gemeinsam mit S. Leszczycki trug Ormicki Smoleński zu den Appellen. Eines musste Ormicki Prof. Smoleński zum Revier (Lagerkrankenhaus) bringen, wo dieser am 5. Jänner 1940 starb. Während einer illegalen Feier, die zu Ehren des Verstorbenen im KZ organisiert wurde, präsentierte Ormicki die wissenschaftlichen Leistungen von Smoleński.

Ormicki gehörte zu einer kleinen Gruppe von Professoren der Jagiellonen-Universität, die auch nach internationalen Protesten trotz Vollendung des 40. Lebensjahres nicht aus dem Konzentrationslager entlassen wurden. Gemeinsam mit den anderen Krakauer Gefangenen (insgesamt waren es 44 Personen) wurde er am 4. März 1940 ins Konzentrationslager Dachau überstellt. Er war zweifellos ein Anführer dieser Gruppe. Er genoss große Autorität unter den Häftlingen und sogar die Deutschen respektierten ihn auf ihre eigene Art und Weise. Als Ältester, der noch dazu fließend Deutsch sprach, vertrat er gegenüber den Deutschen die Interessen der Gruppe der universitären Gefangenen. Am 24. März schrieb er seinen letzten Brief an seine Ehefrau.

Eines Tages entdeckten die Deutschen während der Durchsuchung der Gefangenen bei Ormicki einen auf Deutsch verfassten, in einem Geldsäckchen auf seiner Brust versteckten Entwurf einer geplanten Abhandlung mit dem Titel Die Bevölkerung von Polen, welche er nach der Rückkehr nach Kraków ausarbeiten und veröffentlichen wollte. Das Material wurde beschlagnahmt und Ormicki für dieses Vergehen brutal geschlagen.

Gegen Ende April 1940 hatte er seine jüdische Abstammung zugegeben. Er wurde in den Block 29 verlegt und am 16. August ins Konzentrationslager Mauthausen/Gusen transportiert. Dies war eines der grausamsten Konzentrationslager im Dritten Reich. Bis zum letzten Atemzug gab er weder seine wissenschaftliche Arbeit auf noch seine Bemühungen, geographisches Wissen unter den Mitgefangenen zu verbreiten. Zu seinen Vorträgen (offiziell waren solche Aktivitäten verboten und wurden mit dem Tode bestraft) versammelten sich bis zu 200 Häftlinge. In Gusen schrieb er zwei Abhandlungen: Problemy zaludnienia kuli ziemskiej (Probleme der Besiedlung der Erdkugel) sowie Problemy zaludnienia terenów pustynnych oraz zaopatrzenia ludności w wodę (Probleme der Besiedelung von Wüstengebieten und die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser), beide verfasst zwischen 1940 und 1941. Diese Arbeiten kursierten unter den Häftlingen, die sich auf einer Warteliste eintragen mussten, um diese lesen zu können. Bedauerlicherweise hat der letzte Leser aus Angst vor einer angekündigten Durchsuchung beide Manuskripte kurz vor der Befreiung vernichtet.

Am 16. September 1941 erhielten die Lagerfunktionäre den Befehl, binnen 24 Stunden acht Juden zu ermorden. Während dieser grausamen Aktion in der Nacht vom 16. auf den 17. September starb Wiktor Ormicki den Märtyrertod. Als er die Baracke verließ, um zum Todesort – der Waschbaracke – zu gehen, sagte er diese wundervollen Worte:

„Ich weiß, warum sie mich in den Waschraum rufen. Ich gehe allerdings voller Ruhe dorthin. Ich gehe in der tiefen Überzeugung, dass ich nicht umsonst ums Leben kommen werde, dass ich es für Polen tue.“

Als ihm „erwiesene Gnade“ ließen seine Henker ihm die Wahl, wie er sterben wollte – durch Ertrinken oder Erhängen. Er entschied sich für Letzteres. Ermordet wurde ein hervorragender Geograph, einer der Erschaffer des polnischen Regionalismus und der polnischen Anthropogeographie, der bedeutendste polnische Geograph der jüngeren Generation zu dieser Zeit. In der Benachrichtigung über seinen Tod, welche seine Frau erhielt, teilten die Deutschen mit, dass die Herzinsuffizienz die Todesursache von W. Ormicki gewesen sei.

Wiktor Ormickis Todestag am 17. September 1941 sehen Historiker als das Ende der Periode der „Sonderaktion Krakau“. Die Urne mit seiner Asche wurde vermutlich am Friedhof in Steyr (Oberösterreich) beigesetzt. Bis heute hat man den Bestattungsplatz seiner Asche nicht eindeutig identifiziert. Ein symbolisches Grab befindet auf dem Friedhof Rakowicki in Kraków.Am 19. November 1949 wurde am Institut für Geographie der Jagiellonen-Universität in der ul. Grodzka 64 eine Gedenktafel zu Ehren von Jerzy Smoleński und Wiktor Ormicki enthüllt. Ihre Nachbildung befindet sich im neuen Gebäude des Instituts für Geographie auf dem Campus, der anlässlich des 600. Jahrestages der Wiedergründung der Jagiellonen Universität erbaut wurde. Der Name Ormickis findet sich auch auf der Gedenktafel vor der Aula im Collegium Novum der Jagiellonen-Universität (ul. Gołębia 24). Im Jahre 1979, zum 40. Jahrestag der „Sonderaktion Krakau“, wurde Ormicki posthum durch die Jagiellonen-Universität mit der Medaille Merentibus ausgezeichnet. Einer der Lehrräume im Institut für Geographie und Raumwirtschaft wurde nach Ormicki benannt. Eine ihm gewidmete Vitrine wurde bei folgenden Ausstellungen gezeigt: Zapomniana zagłada? Polska i czeska inteligencja w obozach koncentracyjnych Sachsenhausen i Ravensbrück na początku drugiej wojny światowej (Vergessene Vernichtung? Polnische und tschechische Intelligenz in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen, Eröffnung am 21. November 2009), Człowiek człowiekowi....: niszczenie polskiej inteligencji w latach 1939–1945: KL Mauthausen/Gusen (Man to man. Destruction of the Polish intelligentsia in the years 1939–1945, 2009) sowie Do piekła Sachsenhausen. Los krakowskich uczonych na początku II wojny światowej (In der Hölle von Sachsenhausen. Das Schicksal der Krakauer Wissenschaftler am Beginn des Zweiten Weltkrieges, Fabryka Emalia Oskara Schindlera/Staatliches Museum in einem ehemaligen Gebäude der Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler, Kraków, Eröffnung am 6. November 2010). Am 25. Oktober 2013 wurde in den Stollen unter dem Schloss Lamberg in Steyr eine Ausstellung zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers eröffnet. Dort wird unter anderem auch eine W. Ormicki gewidmeter Schaukasten präsentiert.

 

Verfasst von Prof. Dr. hab. Antoni Jackowski

Übersetzt von Jolanta Herian-Ślusarska

 

Aus:

GEOGRAFOWIE POLSCY. Słownik biograficzny. [Polnische Geographen. Biographisches Wörterbuch, hrsg. vom Institut für Geographie und Raumwirtschaft der Jagiellonen Universität, Komitee für Geographiewissenschaften Polnischer Akademie der Wissenschaften, Polnische Gesellschaft für Geographie, unter der Redaktion von Antoni Jackowski, Kazimierz Krzemień, Izabela Sołjan] Band 2. (Krakau 2018).

Weitere Literatur:

Man to man. Destruction of the Polish intelligentsia in the years 1939–1945: Mauthausen/Gusen. Catalog of the exhibition 2009 (Warschau 2009).

Stanisław Nogaj: Gusen; Pamiętnik dziennikarza [Gusen: Memoiren eines Journalisten] (Katowice-Chorzów 1948).

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